Einleitung
Die figurative Kunst bis zur Klassischen Antike (5. Jahrhundert v. Chr.), zeigt einen bemerkenswerten Wandel in der Darstellung des Menschen, aber auch tiefere kulturelle und geistige Inhalte, die in den verschiedenen frühen Hochkulturen zum Ausdruck gebracht werden. Diese Darstellungen waren eng mit religiösen, philosophischen und politischen Vorstellungen verknüpft.
Die Darstellung des Menschen in der ägyptische Kunst
Einleitung
Die Kunst im alten Ägypten war stark religiös und symbolisch geprägt. Menschen wurden oft in starren, idealisierten Posen dargestellt, wobei die Proportionen durch ein strenges Regelwerk bestimmt waren. Diese Darstellungen dienten dazu, eine Verbindung zum Jenseits herzustellen. Die ägyptischen Figurenmalereien und Skulpturen waren weniger darauf ausgerichtet, das Individuum oder die Persönlichkeit des Dargestellten zu zeigen, sondern repräsentierten die göttliche Ordnung und Unveränderlichkeit des Lebens. Wesentliche geistige Inhalte waren hier: Betonung von Konstanz und Ewigkeit: Die Kunst war statisch und strebte nach Unsterblichkeit und Dauerhaftigkeit. Der religiöser Glaube: Die Darstellungen betonten die Beziehung der Menschen zu den Göttern und dem Jenseits.
Stilisierung
Die Darstellung des Menschen in der ägyptischen Kunst ist durch eine hochgradig stilisierte und formalisierte Ästhetik geprägt, die auf religiösen und kulturellen Überzeugungen basierte. Ägyptische Kunst war nicht darauf ausgerichtet, die Realität oder das Individuum in einer naturalistischen Weise abzubilden, sondern vielmehr die ewige Ordnung, göttliche Macht und den Weg ins Jenseits darzustellen. Diese Merkmale kommen in mehreren Aspekten zum Ausdruck.
Strenger Kanon von Proportionen
Die ägyptische Kunst folgte einem festen System von Proportionen, das auf einem Gittermuster basierte. Der menschliche Körper wurde in einer klaren geometrischen Ordnung dargestellt. Diese Gitter wurden in horizontale und vertikale Linien unterteilt, um die Position und Größe jedes Körperteils festzulegen. Typischerweise wurde der Körper in 18 Einheiten unterteilt, wobei die Füße die unterste Linie und der Scheitel die oberste Linie bildeten. Kopf: Der Kopf wurde in Seitenansicht dargestellt, um das Profil zu betonen. Das Auge hingegen wurde frontal gemalt, auch wenn der Kopf in Seitenansicht gezeigt wurde. Oberkörper: Die Schultern und der Oberkörper waren frontal zu sehen, während die Arme und Beine wieder in Seitenansicht dargestellt wurden. Beine und Füße: Wie der Kopf wurden die Beine und Füße immer von der Seite gezeigt, was eine markante Zweidimensionalität schuf.
Diese Kombination verschiedener Ansichten wurde gewählt, um jede Körperpartie in ihrer „besten“ und klarsten Ansicht darzustellen. Es ging weniger um Realismus als darum, den Menschen in einer idealisierten und zeitlosen Form zu präsentieren.
Symbolische Posen und Gesten
Die Körperhaltungen und Gesten in der ägyptischen Kunst hatten oft symbolische Bedeutungen. Die steifen, aufrechten Posen von Pharaonen und Göttern drückten Autorität und Macht aus. Statuen und Reliefs zeigten oft stehende oder sitzende Figuren in symmetrischen Posen, was auf eine unveränderliche Ordnung und Stabilität hinwies.
Stehende Figuren: Figuren wurden oft mit einem vorangestellten Fuß gezeigt, was symbolisch für Bewegung in die Ewigkeit stand. Der Körper selbst blieb jedoch steif und formal.
Sitzende Figuren: Statuen von sitzenden Pharaonen oder Beamten zeigten sie oft in einer Würdehaltung, mit den Händen auf den Knien, was ihre Autorität und Gelassenheit hervorhob.
Götter und Pharaonen: Pharaonen wurden oft in der gleichen Art wie die Götter dargestellt, was ihre gottähnliche Stellung in der Gesellschaft verdeutlichte.
Darstellung von Macht und sozialer Hierarchie
Die ägyptische Kunst war in ihrer Darstellung von Menschen stark von sozialer Hierarchie geprägt. Dies wurde durch die Größe und die Position der Figuren in Kunstwerken deutlich gemacht. Pharaonen und Götter wurden in großem Maßstab abgebildet, während Diener, Arbeiter oder Feinde kleiner dargestellt wurden, um die soziale und göttliche Überlegenheit der Herrschenden zu betonen.
Größenhierarchie: Der Pharao wurde immer am größten dargestellt, was seine göttliche Autorität symbolisierte. Untergebene wie Beamte, Soldaten oder Sklaven wurden viel kleiner dargestellt, um ihre niedrigere soziale Stellung anzuzeigen.
Reliefs und Malereien: In Wandmalereien und Reliefs wurde diese Größenhierarchie konsequent eingehalten. Selbst in Szenen des Alltags, bei denen Diener oder Bauern ihre Arbeit verrichteten, blieb der Pharao als Hauptfigur immer überproportional groß.
Idealismus und zeitlose Schönheit
Ägyptische Darstellungen des Menschen waren idealisiert und zeitlos. Es ging darum, die Figuren in ihrer perfekten, unvergänglichen Form zu zeigen, um die Ewigkeit des Jenseits zu sichern. Daher zeigten selbst Porträts des Pharaos oder der Königinnen nie Alter oder körperliche Schwächen. Alle Darstellungen zielten darauf ab, das ideale Bild für die Ewigkeit zu bewahren, unabhängig von den tatsächlichen körperlichen Eigenschaften der Dargestellten.
Gesichter: Die Gesichtszüge waren stilisiert und glatt. Besonders Pharaonen und Göttinnen wurden mit einer jugendlichen und makellosen Schönheit dargestellt.
Körper: Körper wurden muskulös und wohlproportioniert dargestellt, besonders bei männlichen Figuren. Frauenfiguren wurden häufig mit schlanken, sanften Kurven gezeigt.
Funktion der Kunst als religiöses und spirituelles Werkzeug
Die ägyptische Kunst war tief in religiöse und spirituelle Praktiken eingebunden. Sie hatte nicht nur eine dekorative oder ästhetische Funktion, sondern sollte den Übergang ins Jenseits erleichtern und das Wohl des Verstorbenen sichern. Besonders in Grabstätten war die Darstellung von Menschen eng mit religiösen Ritualen verbunden.
Grabkunst: Die Darstellungen von Menschen in Gräbern, sei es in Form von Reliefs, Statuen oder Malereien, waren dazu bestimmt, den Verstorbenen im Jenseits zu repräsentieren. Sie dienten als magische Verkörperungen, die den Verstorbenen unterstützen sollten.
Anbetung der Götter: Szenen, in denen Pharaonen den Göttern Opfer darbrachten oder sich von ihnen segnen ließen, waren häufige Themen. Dies stellte die Verbindung zwischen Mensch und Gottheit dar und betonte die göttliche Legitimation der Herrschaft des Pharaos.
Farbe und Symbolik
Farben hatten in der ägyptischen Kunst oft eine symbolische Bedeutung. Die Menschen wurden in einer idealisierten Hautfarbe dargestellt: Männer wurden mit rotbrauner Haut dargestellt, um ihre aktive Rolle in der Gesellschaft zu zeigen, während Frauen oft in einer helleren Hautfarbe gemalt wurden, was auf ihre Rolle im häuslichen Bereich hinwies. Rotbraun: Symbolisierte Stärke, Aktivität und Leben, besonders bei Männern. Gelb: Häufig bei Frauen verwendet, symbolisierte Schönheit und Fruchtbarkeit. Gold war die Farbe der Götter und wurde für die Darstellung des Göttlichen oder Unsterblichen verwendet.
Zusammenfassung
Die Darstellung des Menschen in der ägyptischen Kunst war eine bewusste Abweichung von Naturalismus zugunsten einer idealisierten, symbolischen Repräsentation, die auf religiösen und kulturellen Überzeugungen beruhte. Der Mensch wurde als Teil einer ewigen kosmischen Ordnung verstanden, die Stabilität, Macht und göttliche Verbundenheit betonte. Die Kunstwerke sollten nicht nur ästhetische Zwecke erfüllen, sondern auch die spirituelle Unsterblichkeit sichern.
Die Darstellung des Menschen in der mesopotamische Kunst
Einleitung
In Mesopotamien, den Kulturen der Sumerer, Babylonier, Assyrer, waren die Darstellungen ebenfalls religiös, aber auch politisch geprägt. Herrscher wurden oft in monumentalen Reliefs als mächtige Krieger oder Götter dargestellt. Die menschliche Figur wurde hier als Symbol für Macht und Autorität verwendet. Wesentliche geistige Inhalte waren: Macht und Herrschaft: Die Kunst spiegelte die Rolle des Herrschers als gottähnlichen Vertreter auf Erden wider. Verbindung zu den Göttern: Die Darstellungen von Menschen in Anbetung oder im Dienst der Götter waren zentral.
Ausdruck religiöser, politischer und sozialer Überzeugungen
Die Darstellung des Menschen in der mesopotamischen Kunst, die die Hochkulturen der Sumerer, Akkader, Babylonier und Assyrer umfasste, brachten die religiösen, politischen und sozialen Überzeugungen dieser alten Zivilisationen zum Ausdruck. Wie in Ägypten war die mesopotamische Kunst stark symbolisch und diente oft dazu, Machtverhältnisse und die göttliche Ordnung darzustellen. Es gibt jedoch einige Besonderheiten in der Art und Weise, wie Menschen in Mesopotamien dargestellt wurden, insbesondere im Hinblick auf Bewegung, Realismus und die Betonung von Macht und Ritualen.
Realismus und Symbolik
Die mesopotamische Kunst ist bekannt für ihre Kombination aus realistischer Darstellung und Symbolik. Im Gegensatz zur starren, formalen Kunst der Ägypter zeigten die mesopotamischen Künstler ein größeres Interesse an der Darstellung von Bewegung und Aktivität.
Realistische Details: Während Götter und Herrscher oft idealisiert dargestellt wurden, gab es eine Tendenz, alltägliche Menschen wie Arbeiter, Soldaten oder Priester realistischer und detaillierter darzustellen, etwa in der Darstellung von Muskelspannung oder spezifischen Gesichtszügen.
Symbolik der Macht: Bei der Darstellung von Königen, Priestern und Göttern spielte Symbolik eine bedeutende Rolle. Herrscher wurden oft in monumentalen, statischen Posen dargestellt, um ihre göttliche Macht und Autorität zu verdeutlichen, während ihre Feinde klein und besiegt gezeigt wurden.
Größenhierarchie und soziale Stellung
Wie in der ägyptischen Kunst spielte auch in Mesopotamien die Größe der Figuren eine entscheidende Rolle bei der Darstellung der sozialen Hierarchie. Die wichtigsten Figuren, insbesondere Götter und Herrscher, wurden in großem Maßstab dargestellt, während Diener, Soldaten oder Feinde kleiner abgebildet wurden.
Größe als Machtfaktor: Könige wurden fast immer größer dargestellt als ihre Untertanen oder Feinde, um ihre überlegene Stellung zu betonen. In Darstellungen von Kriegszügen oder Zeremonien war der König immer das zentrale und größte Element.
Zeremonielle Darstellungen: In Reliefs und Skulpturen, die religiöse oder königliche Rituale zeigten, wurde die Größe der Figuren benutzt, um deren Rang oder Nähe zu den Göttern darzustellen. Die Götter waren oft größer als die Herrscher, und diese wiederum größer als gewöhnliche Menschen.
Darstellung von Bewegung und Dynamik
Die mesopotamische Kunst zeigt eine größere Betonung auf Bewegung und dynamische Szenen, insbesondere in der Darstellung von Kriegs- oder Jagdszenen. Dies unterscheidet sich von der oft statischen Kunst der Ägypter.
Kriegerische Darstellungen: Besonders in assyrischen Reliefs gibt es eine lebendige Darstellung von militärischen Eroberungen. Soldaten werden in Aktion gezeigt, wie sie Feinde besiegen, Wagen führen oder Tiere jagen. Diese Darstellungen sind oft sehr detailliert und dynamisch.
Jagd- und Kampfszenen: Herrscher, wie der assyrische König Ashurbanipal, wurden häufig in Jagdszenen dargestellt, in denen sie wilde Tiere, insbesondere Löwen, jagten. Diese Szenen zeigten die Macht des Herrschers über die Natur und seine militärische Stärke.
Religiöse und rituelle Darstellungen
Die mesopotamische Kunst war stark von religiösen Vorstellungen geprägt. Die Darstellung von Göttern und religiösen Ritualen war von zentraler Bedeutung. Menschen wurden oft in Interaktionen mit Göttern gezeigt, sei es in Form von Anbetungsszenen oder in Prozessionen.
Priester und Herrscher als Mittler: Priester und Könige wurden häufig als Mittler zwischen den Göttern und dem Volk dargestellt. Besonders Könige waren in der Kunst oft dabei zu sehen, wie sie den Göttern Opfer darbrachten oder von ihnen Zeichen und Segnungen empfingen.
Götterdarstellungen: Götter wurden oft in menschlicher Form dargestellt, aber mit übernatürlichen Merkmalen, wie etwa Hörnerkronen, was ihre göttliche Macht betonte. In manchen Fällen wurden Menschen auch als göttliche Wesen dargestellt, wie in der Kunst der Akkader, wo Könige wie Sargon und Naram-Sin in göttlicher Pose und mit göttlichen Attributen gezeigt wurden.
Darstellung von Macht und Herrschaft
Die mesopotamische Kunst diente vor allem dazu, die Macht des Herrschers zu festigen und seine Rolle als Stellvertreter der Götter zu untermauern. Dies ist besonders in den monumentalen Darstellungen von Königen und Göttern in den königlichen Palästen und Tempeln offensichtlich.
Herrscher als Gottheit: In der Kunst der Akkader wurde erstmals die Göttlichkeit der Herrscher selbst betont. Die berühmte „Stele des Naram-Sin“ zeigt den Herrscher in göttlicher Pose, wie er seine Feinde besiegt und eine himmlische Höhe erreicht. Diese Darstellung spiegelt den Glauben wider, dass der König göttliche Züge trug.
Monumentale Reliefe: Besonders in der Kunst der Assyrer sind die Könige in monumentalen Reliefs zu sehen, die sowohl ihre göttliche Legitimation als auch ihre militärische Macht betonen. Assyrische Reliefs in Palästen, wie in Ninive oder Nimrud, zeigten oft Szenen von Kriegen, Jagden oder Prozessionen, in denen der König als überlegene Figur dargestellt wurde.
Materialien und Techniken
Die mesopotamische Kunst verwendete verschiedene Materialien und Techniken, um Menschen darzustellen, von Reliefs über Statuen bis hin zu Zylindersiegeln. Besonders bemerkenswert sind die detaillierten Reliefs und die monumentalen Statuen, die zur Darstellung von Königen und Göttern genutzt wurden.
Reliefs: Die meisten Darstellungen des Menschen in der mesopotamischen Kunst finden sich in Flachreliefs, die in Stein gemeißelt wurden. Diese Reliefs schmückten die Paläste und Tempel und erzählten Geschichten von Macht, Eroberung und religiösen Zeremonien.
Statuen: Besonders aus der sumerischen und akkadischen Zeit sind Statuen erhalten, die Herrscher, Priester und Götter in stilisierten und oft idealisierten Formen zeigen. Ein Beispiel ist die berühmte Statue des Gudea von Lagash, die den Herrscher in einer betenden Pose darstellt.
Zylindersiegel und persönliche Darstellungen
Eine der einzigartigsten Kunstformen in Mesopotamien war das Zylindersiegel, das oft zur Darstellung von Menschen und Szenen des täglichen Lebens verwendet wurde. Diese Siegel waren kleine, zylindrische Objekte, die auf Tonrollen gerollt wurden, um Bilder oder Schriftzeichen zu hinterlassen.
Detailreichtum in kleinen Darstellungen: Trotz ihrer geringen Größe waren die Zylindersiegel oft sehr detailliert und zeigten komplexe Szenen. Sie wurden häufig verwendet, um religiöse Rituale, Szenen des Handels oder persönliche Darstellungen von Herrschern und Göttern abzubilden.
Alltagsdarstellungen: Neben religiösen Szenen zeigen Zylindersiegel oft auch alltägliche Aktivitäten, wie das Pflügen von Feldern, den Handel oder Familienleben.
Zusammenfassung
Die Darstellung des Menschen in der mesopotamischen Kunst war eng mit den religiösen und politischen Vorstellungen dieser Kulturen verbunden. Sie diente dazu, Macht zu demonstrieren, soziale Hierarchien darzustellen und die Verbindung zwischen Menschen und Göttern zu zeigen. Während Herrscher und Götter idealisiert und in monumentaler Form dargestellt wurden, zeigten die mesopotamischen Künstler auch ein Interesse an Realismus und Dynamik, besonders in der Darstellung von Kriegs- und Jagdszenen. Die mesopotamische Kunst war ein kraftvolles Medium, um die göttliche und weltliche Autorität zu festigen und das Weltbild dieser frühen Hochkulturen zu vermitteln.
Die Darstellung des Menschen in der minoischen und der mykenischen Kunst
Einleitung
In der Kunst der minoischen und mykenischen Kulturen auf Kreta und dem griechischen Festland waren die Darstellungen dynamischer und lebensnaher. Besonders in minoischen Fresken werden Menschen in lebhaften Szenen des täglichen Lebens dargestellt, oft in Bewegung und mit fließenden Linien. Wesentliche geistige Inhalte waren: Naturverbundenheit: Die Darstellung von Menschen in einer harmonischen Umgebung deutet auf eine starke Verbindung zur Natur hin. Weiterhin: Rituale und Feste: Die Kunst zeigt oft religiöse Zeremonien, Feste und sportliche Aktivitäten wie den Stiersprung.
Zwei frühe griechische Zivilisationen
Die Darstellung des Menschen in der minoischen und mykenischen Kunst zeigt die kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen Ideale der beiden frühen griechischen Zivilisationen. Während beide Kulturen geografisch nahe beieinander lagen und sich in gewisser Weise beeinflussten, gibt es deutliche Unterschiede in ihrer Kunst und der Darstellung des Menschen.
Minoische Kunst (ca. 2000–1450 v. Chr.)
Die minoische Kunst, die sich auf der Insel Kreta entwickelte, ist bekannt für ihre farbenfrohen Fresken, Keramiken und Skulpturen, die einen lebendigen und dynamischen Lebensstil zeigen. Minoische Darstellungen des Menschen zeichnen sich durch Eleganz, Bewegung und eine Verbundenheit mit der Natur aus. Sie sind weniger auf Monumentalität und Macht fokussiert, wie in der mesopotamischen oder ägyptischen Kunst, sondern betonen eher das tägliche Leben und religiöse Riten.
Eleganz und Dynamik
Die minoischen Darstellungen des Menschen sind äußerst lebhaft und dynamisch. Im Gegensatz zu den steifen, hierarchischen Darstellungen anderer Kulturen zeigen die minoischen Künstler Menschen in Bewegung und in harmonischem Einklang mit ihrer Umgebung.
Bewegung: Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften der minoischen Kunst ist die Betonung von Bewegung und Körperlichkeit. Menschen werden oft in dynamischen Posen dargestellt, wie etwa in der berühmten Darstellung des Stiersprungs, einer rituellen Handlung, bei der junge Männer und Frauen über die Rücken von Stieren springen.
Geschmeidige Körperformen: Die Körper werden schlank und elegant dargestellt, mit fließenden Linien und natürlichen Proportionen. Die Darstellung ist idealisiert, aber dennoch realistisch in ihrer Betonung der menschlichen Form und Bewegung.
Kleidung und Frisuren
Die Kleidung und Frisuren der dargestellten Menschen sind ein wichtiger Teil der minoischen Kunst, da sie Aufschluss über den sozialen Status und die Rolle der Individuen geben.
Frauen: Frauen wurden in prächtigen, detailliert dargestellten Kleidern gezeigt, oft mit freien Brüsten und eng anliegenden Röcken. Dies deutet auf eine gesellschaftlich hohe Stellung der Frauen in der minoischen Kultur hin. Ihre Kleidung war sowohl funktional als auch dekorativ, und die kunstvollen Frisuren spiegelten den Reichtum und den Status wider.
Männer: Männer wurden oft mit schlanken, muskulösen Körpern dargestellt, meist in sportlichen oder rituellen Handlungen. Ihre Kleidung war oft knapper, da die Betonung auf der Darstellung der Körperkraft und Geschicklichkeit lag.
Rituelle Szenen und Naturverbundenheit
Die minoische Kunst ist stark von religiösen und naturbezogenen Motiven geprägt. Menschen werden oft in rituellen Handlungen gezeigt, in denen sie mit der Natur und den Göttern interagieren.
Stiersprung: Der Stiersprung ist ein zentrales Thema in der minoischen Kunst und zeigt eine Kombination aus Sport und ritueller Bedeutung. Diese Szene bringt die enge Beziehung der Minoer zur Natur und zu religiösen Zeremonien zum Ausdruck.
Naturmotive: Minoische Fresken zeigen oft Menschen in harmonischer Interaktion mit der Natur, sei es durch die Jagd, religiöse Zeremonien oder Festlichkeiten. Die Natur wird in minoischen Darstellungen nicht nur als Umgebung, sondern als ein integraler Teil des Lebens gesehen.
Farbkodierung und Symbolik
In der minoischen Kunst wurde oft eine klare Farbkodierung verwendet, um Geschlecht und Rollen zu unterscheiden. Männer wurden traditionell mit dunkler Haut dargestellt, während Frauen hellere Haut hatten. Diese Konvention war typisch für viele alte Kulturen und hatte symbolische Bedeutung.
Farbverwendung: Männer wurden häufig in rotbraunen Farben dargestellt, um ihre aktive Rolle im Leben und ihre Verbindung zu körperlicher Arbeit oder Ritualen zu symbolisieren. Frauen hingegen wurden in helleren Farbtönen gemalt, was auf ihre Rolle im Haushalt oder in religiösen Zeremonien hinweisen könnte.
Mykenische Kunst (ca. 1600–1100 v. Chr.)
Die mykenische Kunst, die auf dem griechischen Festland entstand, ist deutlich kriegerischer und monumentaler als die der Minoer. Mykenische Darstellungen des Menschen betonen Macht, Stärke und Hierarchie und reflektieren die militaristische und hierarchische Natur der mykenischen Gesellschaft.
Monumentale Darstellung von Macht
Die Mykener waren stark auf militärische Macht und Herrschaft fokussiert, und dies zeigt sich auch in ihrer Kunst. Menschen, besonders Herrscher, wurden in ihrer Rolle als Krieger und Anführer dargestellt.
Kriegerdarstellungen: Mykenische Kunst zeigt häufig Krieger mit Waffen und Rüstungen. Die berühmte „Mask of Agamemnon“, ein goldenes Totenmaske, die wahrscheinlich einen mykenischen Herrscher darstellt, ist ein gutes Beispiel für die Betonung auf Herrschaft und Macht in dieser Kultur.
Hierarchische Darstellungen: Ähnlich wie in anderen alten Kulturen wurde in der mykenischen Kunst die soziale Hierarchie durch Größe und Position der Figuren dargestellt. Könige und Krieger wurden größer und prominenter als Diener oder besiegte Feinde dargestellt.
Rituelle Szenen und Religion
Obwohl die mykenische Kunst oft militärisch geprägt war, gab es auch eine bedeutende religiöse Komponente, die in der Darstellung von Menschen sichtbar wurde.
Göttliche Riten und Opfer: Menschen wurden oft in religiösen Prozessionen oder Opferzeremonien dargestellt. Diese Szenen betonten die Verbindung zwischen den Menschen und den Göttern sowie die zentrale Rolle von Ritualen in der Gesellschaft.
Priester und Herrscher: Herrscher wurden in der mykenischen Kunst oft als Mittler zwischen den Göttern und dem Volk gezeigt, ähnlich wie in der mesopotamischen Kunst. Dies weitst hin auf die theokratische Natur der Herrschaft in Mykene.
Feste und Zeremonien
Obwohl die mykenische Kunst kriegerischer war, gibt es auch Darstellungen von Feierlichkeiten und Zeremonien, bei denen Menschen in festlicher Kleidung gezeigt wurden. Diese Szenen bieten Einblicke in das soziale und religiöse Leben der Mykener.
Prozessionen: Reliefs und Fresken zeigen Menschen in feierlichen Prozessionen, oft mit Gaben oder Opfergaben, die den Göttern dargebracht wurden.
Fresken: Mykenische Fresken, ähnlich wie die minoischen, zeigen Menschen in lebhaften, oft zeremoniellen Szenen. Allerdings sind die mykenischen Darstellungen oft steifer und weniger dynamisch als die eleganten und fließenden Formen der minoischen Kunst.
Materialien und Techniken
Die Mykener verwendeten eine Vielzahl von Materialien, um Menschen darzustellen, darunter Gold, Elfenbein, Ton und Stein. Ihre Skulpturen und Masken waren oft monumental und luxuriös.
Goldmasken: Besonders beeindruckend sind die Totenmasken aus Gold, wie die berühmte „Maske des Agamemnon“. Diese Masken bedeckten die Gesichter der Verstorbenen und dienten dazu, ihre Macht und göttliche Natur zu unterstreichen.
Reliefs und Skulpturen: Mykenische Reliefs sind oft in Stein gemeißelt und zeigen sowohl Szenen des täglichen Lebens als auch militärische Eroberungen. Die „Löwentor“ in Mykene ist ein bekanntes Beispiel, das Stärke und Macht symbolisiert.
Zusammenfassung
Die minoische und mykenische Kunst bot zwei sehr unterschiedliche Ansätze zur Darstellung des Menschen, die jeweils die Werte und Ideale der jeweiligen Kultur zeigten. Während die Minoer Eleganz, Naturverbundenheit und Bewegung betonten, fokussierten sich die Mykener auf Macht, Hierarchie und Kriegsführung. Beide Kulturen hinterließen jedoch wichtige Beiträge zur späteren griechischen Kunst und hatten einen nachhaltigen Einfluss auf die Darstellungen von Menschen in der Antike.
Die Darstellung des Menschen in der griechischen Archaik bis Polyklet
Einleitung
Die griechische Kunst erlebte einen Übergang von der stark stilisierten geometrischen Periode hin zu einer immer natürlicheren Darstellung des menschlichen Körpers. Polyklet war ein bedeutender Vertreter dieses Wandels. Mit seiner Kanon-Lehre führte er Proportionen und Symmetrie ein, die die Harmonie des menschlichen Körpers aufzeigen sollten. Wesentliche geistige Inhalte waren: Ideal der Schönheit und Harmonie: Die Griechen suchten nach einer idealisierten, aber natürlichen Darstellung des Körpers, die sowohl physische Perfektion als auch moralische Tugenden ausdrücken sollte. Mensch als Maßstab: Der Mensch wurde als das höchste Maß der Dinge gesehen, was sich in der immer realistischer werdenden Darstellung zeigte.
Von der Archaik zur Klassik
Die Darstellung des Menschen in der griechischen Kunst durchlief von der archaischen Zeit (ca. 700–480 v. Chr.) bis hin zur klassischen Periode, die durch Künstler wie Polyklet geprägt wurde, eine bemerkenswerte Entwicklung. In dieser Zeit fand eine entscheidende Transformation statt: von den steifen und formelhaften Darstellungen des Menschen zu den idealisierten, aber zugleich naturalistischeren und dynamischeren Figuren, die das klassische Ideal verkörperten.
Archaik (ca. 700–480 v. Chr.)
In der archaischen Periode machte die griechische Kunst erhebliche Fortschritte in der Darstellung des Menschen, war jedoch noch stark von den Einflüssen früherer Kulturen wie Ägypten geprägt. Die Kunst dieser Zeit wird oft durch den Typus der „Kouroi“ (Singular: Kouros) und „Koren“ (Singular: Kore) charakterisiert – idealisierte Darstellungen junger Männer und Frauen.
Kouros und Kore Statuen
Die Kouroi (männliche Figuren) und Koren (weibliche Figuren) sind die markantesten Werke der archaischen Skulptur. Diese Figuren folgen einem bestimmten Schema, das an die ägyptische Kunst erinnert, aber allmählich eigene griechische Merkmale entwickelte.
Kouros: Der Kouros war eine nackte, stehende Männerfigur, die oft als Grabmal oder als Weihegeschenk verwendet wurde. Er steht in einer steifen, frontalen Pose, die Schultern sind gerade, die Arme hängen an den Seiten, und ein Bein, meist das linke, ist leicht nach vorne geschoben. Diese Haltung ist stark von ägyptischen Statuen beeinflusst, doch der Kouros zeigt bald mehr Freiheit in der Darstellung des Körpers.
Der Kouros hat noch keine anatomisch korrekte Muskelstruktur, obwohl Versuche unternommen wurden, diese darzustellen. Die Figuren wirken starr und symmetrisch. Der Gesichtsausdruck zeigt das sogenannte archaische Lächeln, ein charakteristisches, leicht künstliches Lächeln, das vermutlich Lebendigkeit suggerieren sollte.
Die Kore war eine bekleidete Frauenfigur, ebenfalls stehend und frontal. Koren wurden oft als Götterdienerinnen oder als Stifterinnen in Tempeln dargestellt. Ihre Kleidung, das Chiton oder der Peplos, war oft fein detailliert, mit Mustern und Falten, aber die Figuren selbst blieben weitgehend starr und unbeweglich.
Die Kore zeigt keine Bewegung im Körper, aber es gibt zunehmende Bemühungen, den Faltenwurf der Kleidung realistischer darzustellen. Die Haare und Gewänder sind detailreich gearbeitet, aber die Darstellung des Körpers selbst bleibt unter der Kleidung verborgen.
Die Entwicklung der Proportionen
In der archaischen Zeit wurde die Proportion des menschlichen Körpers standardisiert, aber es fehlte noch an einem echten Verständnis für Anatomie und Körperbewegung. Die Kouroi und Koren sind streng symmetrisch und geometrisch. Der menschliche Körper wurde als eine Reihe geometrischer Formen dargestellt – ovale Köpfe, zylindrische Gliedmaßen und kastenförmige Körper. Die Figuren wirken oft unbeholfen und starr.
Das archaische Lächeln
Ein charakteristisches Merkmal der Figuren dieser Zeit ist das archaische Lächeln. Es ist kein natürliches Lächeln, sondern ein festes, oft leicht unnatürlich wirkendes Lächeln, das den Figuren eine gewisse Lebendigkeit verleihen sollte. Es wurde jedoch nicht individuell ausdrucksstark eingesetzt, sondern war ein stilistisches Mittel der Epoche.
Übergang zur Klassik (ca. 480–450 v. Chr.)
In der Übergangsphase zur klassischen Kunst begann sich die griechische Skulptur dramatisch zu verändern. Künstler strebten nach einer realistischeren und harmonischeren Darstellung des menschlichen Körpers. Der menschliche Körper wurde nicht mehr als starres, geometrisches Objekt gesehen, sondern als dynamische Einheit, die sich durch Muskel- und Skelettstrukturen in Bewegung versetzen lässt.
Der Bruch mit der Frontalität
Ein entscheidender Schritt in der Entwicklung der griechischen Kunst war der Bruch mit der starren Frontalität der archaischen Figuren. Die Skulpturen begannen, sich von der steifen, symmetrischen Haltung zu lösen, und zeigten den Körper in Bewegung. Die Darstellungen wurden natürlicher, indem Künstler begannen, die Unterschiede in der Körperhaltung, den Spannungen in den Muskeln und die Gewichtsbalance realistischer darzustellen.
Struktur und Anatomie
In dieser Übergangsphase entwickelten Künstler ein besseres Verständnis für Anatomie und versuchten, den menschlichen Körper realistischer abzubilden. Dies beinhaltete die korrekte Darstellung von Muskeln, Knochenstrukturen und der Körperhaltung. Der Körper wurde nicht mehr als eine starre Einheit gesehen, sondern als etwas Dynamisches, das sich in unterschiedlichen Posen ausbalanciert.
Polyklet und die Klassische Periode (ca. 450–400 v. Chr.)
Polyklet war einer der bedeutendsten Bildhauer der klassischen Periode und trug wesentlich zur Entwicklung der idealisierten, aber realistischen Darstellung des menschlichen Körpers bei. Er ist besonders für seine „Kanon“-Lehre berühmt, die sich auf die Proportionen des menschlichen Körpers bezog.
Der Kanon des Polyklet
Polyklet entwickelte eine Theorie der idealen menschlichen Proportionen, die er in seinem verloren gegangenen Werk „Kanon“ beschrieb. Diese Theorie basierte auf einem mathematischen System, das den Körper in idealen Proportionen darstellte. Polyklets Ziel war es, die ideale Harmonie und Ausgewogenheit im menschlichen Körper zu zeigen.
Polyklet glaubte, dass der menschliche Körper aus bestimmten idealen Verhältnissen besteht, die mathematisch berechenbar sind. Er versuchte, den perfekten Ausdruck von Schönheit durch diese Proportionen zu schaffen. In seiner Statue des Doryphoros (Speerträgers) setzte er diese Theorie in die Praxis um, indem er die idealen Proportionen und die perfekte Balance des Körpers in Ruhe und Bewegung darstellte.
Kontrapost und Bewegung
Ein weiteres revolutionäres Konzept, das Polyklet entwickelte und meisterte, war der Kontrapost (griechisch: „Gegenstellung“). Beim Kontrapost wird das Gewicht eines stehenden Körpers auf ein Bein verlagert, während das andere Bein entspannt ist. Dies führt zu einer natürlichen Verschiebung der Hüfte und Schulter, wodurch eine dynamische und realistische Haltung entsteht.
In seiner berühmtesten Skulptur, dem Doryphoros, zeigte Polyklet den menschlichen Körper in einer idealisierten Form, die sowohl kraftvoll als auch in Ruhe dargestellt ist. Die Figur ist im Kontrapost positioniert: Das Gewicht ruht auf einem Bein, das andere Bein ist leicht nach hinten gesetzt. Die Hüfte und Schulter sind leicht gedreht, was der Figur eine natürliche Dynamik verleiht.
Natürlicher Realismus und Idealisierung
Polyklets Figuren verkörpern den Übergang von der archaischen Symmetrie zur natürlichen und harmonischen Darstellung des menschlichen Körpers. Während seine Skulpturen einen hohen Grad an Realismus erreichten, strebten sie dennoch nach einer idealisierten Form von Schönheit, die durch mathematische Proportionen und symmetrische Harmonie erreicht wurde.
Zusammenfassung
Die Darstellung des Menschen in der griechischen Kunst entwickelte sich von den steifen, geometrischen Figuren der archaischen Periode hin zu den dynamischen und idealisierten Formen der klassischen Kunst, die von Künstlern wie Polyklet perfektioniert wurden. Die griechischen Künstler versuchten nicht nur, die körperliche Realität des Menschen darzustellen, sondern auch die zugrunde liegenden Prinzipien von Schönheit, Harmonie und Proportion zu erfassen. Polyklets Beiträge waren dabei wegweisend, da er mit seinem „Kanon“ eine Regel für die Darstellung des menschlichen Körpers aufstellte, die in der Kunstgeschichte lange nachwirkte.
Zusammenfassung
Die figurative Kunst vor der klassischen Antike war in jeder Kultur tief in die jeweiligen religiösen und philosophischen Weltbilder eingebettet. Während in Ägypten und Mesopotamien die Kunst stärker von Symbolik und Religion geprägt war, verfolgten die Griechen zunehmend ein Ideal des Menschen als Maßstab der Welt, das in ihrer Suche nach Schönheit, Proportion und Harmonie zum Ausdruck kommen sollte und später in der Renaissance zum Inbegriff der Humanität werden sollte.
Weiterlesen: Psychotherapiepraxis in Berlin, Wolfgang Albrecht