Einleitung
In diesem Beitrag möchte ich die Seelenreise der Schamanen, die Wirkung von Ayahuasca, die Faszination westlicher Menschen sowie die Gefahren und die rechtliche Situation in Deutschland erörtern
Die Seelenreise der Schamanen
Seit Jahrtausenden gilt die Seelenreise als zentrales Element schamanischer Praxis. In vielen indigenen Kulturen Südamerikas verstanden sich Schamanen als Mittler zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Um diese Grenzüberschreitung zu vollziehen, griffen sie auf Rituale zurück, in denen psychoaktive Pflanzen eine entscheidende Rolle spielten. Das Ziel war es, die Alltagswahrnehmung zu transzendieren und den Menschen Einblicke in eine mystische Wirklichkeit zu eröffnen, die jenseits der rein rationalen Erfahrung liegt.
Ayahuasca
Eine der bekanntesten Substanzen in diesem Zusammenhang ist Ayahuasca, ein aus Pflanzen des Amazonasraumes hergestelltes Gebräu. Es verbindet die Wirkung des Dimethyltryptamins (DMT), einer der stärksten bekannten Halluzinogene, mit der Wirkung von MAO-Hemmern aus der Ayahuasca-Liane, die die psychoaktive Substanz überhaupt erst oral wirksam machen. Die Einnahme führt zu intensiven Halluzinationen, tiefgreifenden Veränderungen des Bewusstseins und Erlebnissen, die von den Teilnehmenden oft als „spirituelle Offenbarungen“ beschrieben werden. Viele berichten von einer Auflösung des Ich-Gefühls, von Begegnungen mit übernatürlichen Wesen oder archetypischen Bildern und von einer tiefen, regressiven Rückkehr zu verborgenen seelischen Schichten.
Die Suche nach Sinn von Großstadtmenschen
Gerade für Menschen in modernen Metropolen, die im Alltag zwischen Leistungsdruck, Reizüberflutung und Sinnsuche gefangen sind, entfaltet diese Art von Erfahrung eine starke Anziehungskraft. Die Aussicht, in einem rituellen Rahmen in eine „andere Wirklichkeit“ einzutauchen, wirkt wie ein Gegenentwurf zur rationalisierten, digitalisierten Welt des Großstadtlebens. Ayahuasca erscheint dabei als ein Mittel, um das „Verdrängte“ oder „Vergessene“ wiederzuerwecken: die Nähe zur Natur, das Erleben von Gemeinschaft, die Konfrontation mit dem eigenen Unbewussten. Aus diesem Grund reisen viele Menschen aus Europa oder Nordamerika in die Amazonasregion oder nehmen an geheimen Zeremonien in westlichen Städten teil, die häufig von selbsternannten „Schamanen“ geleitet werden.
Nebenwirkungen und Risiken
Doch die Faszination hat ihren Preis. Die Einnahme von Ayahuasca ist nicht ungefährlich. Körperliche Nebenwirkungen wie Erbrechen, Durchfall, Herz-Kreislauf-Belastungen oder gefährliche Wechselwirkungen mit Medikamenten sind häufig. Weitaus gravierender sind jedoch die psychischen Risiken: Angstzustände, paranoide Episoden oder die Retraumatisierung verdrängter Konflikte können den „spirituellen Trip“ in eine gefährliche Überforderung verwandeln. Besonders Menschen mit einer Neigung zu psychischen Erkrankungen riskieren bleibende Schäden bis hin zu psychotischen Störungen.
Rechtliches
Aus diesem Grund ist der Konsum von Ayahuasca in Deutschland verboten. Der darin enthaltene Wirkstoff DMT fällt unter das Betäubungsmittelgesetz und ist als nicht verkehrsfähige Substanz eingestuft. Der Gesetzgeber begründet dies mit der Unberechenbarkeit der Wirkung, der fehlenden medizinischen Kontrolle und der Gefahr des Missbrauchs. Zwar berufen sich manche Befürworter auf die spirituelle und heilende Tradition der Pflanze, doch ohne den kulturellen und rituellen Kontext indigener Gemeinschaften bleiben diese Erfahrungen im westlichen Rahmen oft fragmentarisch und riskant.
Zusammenfasssung
Die Seelenreise der Schamanen war einst ein in die Gemeinschaft eingebetteter, rituell abgesicherter Prozess, in dem der Schamane als erfahrener Führer fungierte. In der westlichen Moderne jedoch, wo Ayahuasca oft aus einer Mischung aus Abenteuerlust, spiritueller Suche und Selbstoptimierung konsumiert wird, verliert das Ritual seine schützende Struktur. Zurück bleibt eine ambivalente Substanz: einerseits ein mächtiges Werkzeug für transzendente Erfahrungen, andererseits ein gefährliches Halluzinogen, das ohne klare Führung und kulturelle Verankerung leicht zur Bedrohung werden kann.
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