Persönlichkeitsstörungen – Normopathen, Psychopathen und Soziopathen
Normopathie (passiver und aktiver Typ)
Der passive normopathische Typ
Bei der Normopathie gibt es zwei unterschiedlich akzentuierte Ausprägungen. Wenn von Normopathen die Rede ist, denkt man zunächst gemeinhin an den passiven aggressionsgehemmten, scheinbar selbstgenügsamen Menschen, der häufig von psychosomatischen Leiden verschiedenster Art geplagt beim Arzt oder auch Psychotherapeuten in Erscheinung tritt. Dieser Typ des aggressionsgehemmten, selbstgenügsamen Normopathen muss sich immer weitgehend anpassen und unterordnen oder man könnte auch sagen, er verhält sich so wie ein sehr braves Kind. Ein Erwachsener mit passiven normopathischen Zügen darf aber nicht umstandslos mit einer schlichten infantilen Persönlichkeit in einen Topf geworfen werden. Denn Menschen mit einer infantilen Persönlichkeit sind meist naiv und suchen übertrieben nach Vorbildern, verhalten sich in diesem Sinne auch ähnlich wie Kinder aber nicht notwendigerweise wie sehr brave Kinder – meist ganz im Gegenteil.
Man könnte den passiven aggressionsgehemmten Normopathen auch als Sonderform eines Menschen mit einer infantilen Persönlichkeit beschreiben, bei dem aber nur die Eigenschaften eines braven Kindes zum Zuge kommen. Als Patient in Psychotherapie und Eheberatung setzt der passive normopathische Typ dem therapeutischen Prozess in der Regel massiven Widerstand entgegen, weil er das psychotherapeutische Angebot, die Rolle des braven Kindes abzulegen, entweder nicht verstehen oder nicht umsetzen kann. Um Fortschritte erzielen zu können, ist in der Regel eine Langzeitbehandlung unerlässlich, bis betroffene Patienten es schaffen, ihr inneres Gefängnis verlassen zu können.
Der aktive normopathische Typ
Aktive Normopathen orientieren sich peinlich an Vorstellungen davon wie Menschen grundsätzlich moralisch einwandfrei empfinden, handeln und sich verhalten sollten. Dabei wenden sie die selbst definierten Standards nicht in erster Linie auf die eigene Person, sondern auf andere Menschen an. Im Grunde möchten sie alle anderen Menschen zu braven, überangepassten Kindern erziehen. Selbstverständlich können die anderen solchen Ansprüchen kaum genügen und sie werden deshalb vom aggressiven Normopathen mit Argusaugen betrachtet und latent oder offen abgelehnt bzw. abgewertet, bestraft und auf Abstand gehalten. Ob der aktive Normopath auch selbst seinen hohen Ansprüchen genügt, ist für ihn zweitrangig, weil er schon vorab für sich entschieden hat, ein besserer Mensch zu sein als andere und sich dementsprechend meist auch professionalisiert hat und meist sogar eine gehobene gesellschaftliche Position in Einzelfällen als Psychotherapeut, Richter, Arzt, Lehrer etc. erreicht hat.
Der aktive offen aggressive oder latent aggressive Normopath zeichnet sich dadurch aus, dass er beständig mit dem Finger auf andere zeigt, die unter ihm stehen und seiner Meinung nach krank, ungenügend und kritikwürdig sind, während er von sich eine selbstgerechte Auffassung pflegt. Die Leitaffekte des aktiven aggressiven Normopathen sind, passend zu seiner Selbstidealisierung, latente Verachtung anderer und Empörung über das Verhalten anderer.
Aktive aggressive Normopathen sind Protagonisten von Mobbing-Kampagnen, Chefideologen aller Spielarten von Bigotterie und fühlen sich in Sektenstrukturen – insbesondere auch Psychosekten – aller Art pudelwohl. Auf der Verhaltensebene sind Menschen mit Orthorexia nervosa, also Menschen die sich peinlich genau gesund ernähren, ihr Gegenstück.
Bei allen von Berufs wegen selbsternannten „Besserwissern“, also Juristen, Beratern, Therapeuten etc. sollte man darauf achten, ob es sich bei der betreffenden Person nicht um einen aggressiven Normopathen handeln könnte, der anderen Menschen umstandslos seine eigenen Normen und Werte überstülpen muss. Man erkennt aggressive Normopathen an ihrer typischen Selbstgerechtigkeit, dass sie nicht in der Lage sind, sich selbst in Frage zu stellen und immer nur das Problem bei anderen suchen. Obwohl sie latent paranoid sind und deshalb anderen Menschen nicht wirklich helfen können, präsentieren sie sich selbst anderen als leuchtendes Vorbild, an dem man allerdings nie zweifeln darf, weil sonst brachiale Sanktionen bis hin zum Ausschluss aus der jeweiligen sozialen Gruppe drohen.
Psychopathie und Soziopathie
Psychopathen und Soziopathen sind einander ähnlich. Beide zeichnet aus, dass sie sich anderen Menschen gegenüber gewissenlos und rücksichtslos verhalten und im äußeren Auftreten und im Erstkontakt sehr charmant und gewinnend sein können (Frauen eher mit hoher engelhafte Stimme, Männer eher mit gewinnender sonore tiefe Stimme). Das mögliche Opfer eines Psychopathen oder Soziopathen wird erst zu spät merken, was die Stunde geschlagen hat, denn beide sind im ersten Kontakt meist übermäßig freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit. Erst wenn sich das Opfer in eine emotionale Abhängigkeit zum Psychopathen oder Soziopathen verstrickt hat, zeigen Psychopathen und Soziopathen, was tatsächlich in ihnen steckt. Dabei genießen sie üblicherweise auch diesen Moment der Demaskierung. Typisch hierfür ist der höhnische Kommentar bei der Wandlung: „Jetzt lacht keiner mehr.“
Psychopathen
Psychopathen zielen im Unterschied zu Soziopathen nicht notwendig darauf ab, ihr Opfer in einem kriminellen Sinne zu schädigen. Ihnen geht es mehr darum, ihre Opfer auf eine gerade noch legale Art und Weise emotional auszunutzen, emotional zu missbrauchen, finanziell auszurauben oder materiell auszubeuten. Generell sind sie von dem Zwang besessen, Macht über andere ausüben zu müssen oder – anders ausgedrückt – andere schwächere, meist infantile Menschen, von sich abhängig machen zu müssen. Eine typische Vorgehensweise eines Psychopathen ist z.B. Gaslighting, bei dem einem Opfer eine andere Realität als die tatsächliche Wirklichkeit suggeriert wird, um es darüber psychisch zu destabilisieren und manipulieren zu können.
Hierzu gehört sowohl das suggestive Versprechen von überteuerten Geschenken, sagenhaften Gewinnen bei bestimmten Geldanlagen als auch Formen von schwarze Pädagogik, indem z.B. Kindern die strafende Existenz Gottes und die Schrecken des jüngsten Gerichts vor Augen gehalten werden, um sie dadurch leichter disziplinieren zu können. Psychopathen neigen in Stresssituationen häufig zu cholerischen Ausbrüchen. Dieses unterläuft ihnen aber nicht einfach so, sondern sie setzen dieses Mittel ganz gezielt taktisch ein, wenn sie meinen, damit erfolgreich ihre Macht demonstrieren und sich damit besser durchsetzen zu können. Psychopathen sind in allen privaten Beziehungen, besonders natürlich in Einzelfällen in Chefpositionen und darüber hinaus in Subkulturen von Pädagogik, Erziehung, Ausbildung und Weiterbildung anzutreffen.
Psychopathen tarnen sich häufig durch Formen von sehr höflich wirkendem aber im Grunde passiv aggressivem Auftreten. Passiv-aggressive Formen von psychopathischer Manipulation bestehen darin, sich ignorant zurückzuziehen, Briefe oder E-Mails nicht mehr zu beantworten, sich an konflikthafte Vorfälle systematisch einfach nicht erinnern zu können. Die passive Aggressivität eines Psychopathen kann sich auch darin äußern, dass die Betreffenden sich zum hundersten Mal erklären lassen, worin eigentlich das Problem besteht, weil sie es leider immer noch nicht verstanden haben. Psychopathen machen sich meist damit unangreifbar, dass sie schon im Vorfeld alle Voraussetzungen so arrangiert haben, dass sie nur als Sieger aus einem Konflikt herausgehen können.
Soziopathen (Dissoziale Persönlichkeitsstörung)
Im Gegensatz zum Psychopathen schreckt ein Soziopath nicht davor zurück, einen anderen Menschen oder ganze Gruppen von Menschen in einem kriminelle Sinne zu schädigen. Dass bei seinem herzlosen Vorgehen die Grenzen der Legalität überschritten werden müssen, schreckt den Soziopthten nicht im mindesten. Bei indirekten Formen von Dissozialität nimmt es der Soziopath zumindest billigend in Kauf, dass andere Menschen durch sein Handeln zu schaden kommen. Wenn eine Mischung aus Gedankenlosigkeit, Rücksichtslosigkeit, blindem Egoismus, Wille zur verantwortungslosen Machtausübung und unreflektierten Durchsetzung eigener Interessen und insbesondere auch Verachtung oder Hass (z.B. auf bestimmte Menschengruppen) zu beobachten sind, sollte man in Erwägung ziehen, dass man es möglicherweise mit einem Soziopathen zu tun hat.
Soziopathen wird man überall antreffen, wo durch offenen oder latenten Hass bzw. Verachtung andere Menschen durch das verantwortungslose Tun einzelner zu Schaden kommen. Soziopathen sind im politischen Bereich auf ausführende Figuren, Mitläufer etc. angewiesen, um ihre Ziele verfolgen und erreichen zu können. Diese können ihrerseits auch selbst Soziopathen sein oder aber durch Idealisierung ihres schlechten Vorbildes, Naivität und aus emotionaler Abhängigkeit zu ihrem bösen Tun getrieben werden. Soziopathen im privaten Bereich können Tierquäler oder im gesellschaftlichen Umfeld Massenmörder oder Serienmörder sein, viele Menschen in Form von Betrug systematisch schädigen oder aber indirekt, indem sie z.B. unbekümmert Kinderpornographie konsumieren und so mittelbar zum Missbrauch von Kindern durch Dritte beitragen.
Mischformen: Normo-Soziopathen
Bei Persönlichkeitsstörungen gibt es zahlreiche Mischformen, die hier nicht alle besprochen werden können. Nur auf eine wichtige Mischform möchte ich hinweisen: die Kombination von aggressiver Normopathie und Soziopathie. Es handelt sich bei diesen „Normo-Soziopathen“ um Menschen, die einerseits übermäßig von der eigenen Moralität und Rechtmäßigkeit Ihres Tuns überzeugt sind und andererseits – für Dritte offensichtlich – gegen Regeln der Menschlichkeit verstoßen und meinen, Ihre vermeintlich ambitionierten Vorstellungen von Moralität mit den Methoden extremer Rücksichtslosigkeit und Brutalität durchsetzen zu müssen. Sie gehen von dem Grundsatz aus, dass der Zweck die Mittel heiligt und Ihnen fehlt in der Regel das Gespür für die Verhältnismäßigkeit ihres Tuns.