Differenzial-Indikation
Im Bericht an den Gutachter kann optional eine Differenzialindikation angeben werden. Hierzu bieten sich drei Verfahren aus dem Bereich der VT, drei Verfahren aus dem Bereich der analytischen Psychotherapie und drei Verfahren aus dem Bereich der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie an.
Differenzial-Indikation im Bereich Verhaltenstherapie
Schematherapie
Die Schematherapie wird vor allem bei Patienten angewendet, die unter chronischen, tief verwurzelten psychischen Problemen leiden, insbesondere bei Persönlichkeitsstörungen und chronifizierten Depressionen.
Die Entscheidung für eine Schematherapie erfolgt meist bei Patienten, bei denen traditionelle kognitive Verhaltenstherapie (KVT) nicht ausreichend war oder bei denen es notwendig ist, tiefer liegende emotionale Muster und Beziehungsthemen zu bearbeiten. Schematherapie ist besonders geeignet für Patienten mit komplexen, chronischen Problemen, die sich in verschiedenen Lebensbereichen manifestieren.
Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT)
Die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) wurde ursprünglich für die Behandlung von Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) entwickelt, hat aber mittlerweile ein breiteres Anwendungsspektrum.
Die Entscheidung zur Anwendung von DBT erfolgt nach einer gründlichen Diagnostik, bei der festgestellt wird, ob die Patientin oder der Patient von den spezifischen Techniken der DBT, wie der Verbesserung der Emotionsregulation, der Achtsamkeit, und der zwischenmenschlichen Effektivität, profitieren kann. DBT ist besonders geeignet für Patienten, die Schwierigkeiten haben, mit intensiven Emotionen umzugehen und bei denen herkömmliche Therapieformen nicht ausreichend wirksam waren.
Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Die Indikation für eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) wird bei einer Vielzahl von psychischen Störungen gestellt. Es wäre interessant, zu erfahren, ob es Kontraindikationen zur KVT gibt.
Ansonsten gibt es die Auffassung, dass alle Patienten von KVT profitieren, weil sie hilft, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern, Verhaltensweisen zu modifizieren und praktische Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Die Entscheidung zur KVT erfolgt nach einer individuellen Diagnosestellung und Abwägung der therapeutischen Bedürfnisse des Patienten.
Differenzial-Indikation im Bereich analytischer Psychotherapie
Es gibt drei Arten von analytischer Psychotherapie. Zum einen die klasssche Form m Liegen, mit einem Therapeuten außerhalb des Gesichtsfeldes des Patienten und die zwei modifizierte Formen, bei denen der Patient sich im Gesichtsfeld des Patienten befindet,
Die klassische analytische Psychotherapie
Die klassische analytische Psychotherapie, 3X50min im Liegen, Therapeut sitzt hinter der Couch, richtet sich vor allem an Patienten mit tiefsitzenden, unbewussten psychischen Konflikten. Diese Form der Therapie erfordert in der Regel eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Psyche und eine hohe Bereitschaft zur Selbstbeobachtung und Selbsterfahrung. Diese Form der Psychotherapie wird heute vor allem zu Ausbildungszwecken für angehende Psychotherapeuten angeboten.
Die Entscheidung zur klassischen analytischen Psychotherapie mit mehreren Sitzungen pro Woche im Liegen mit einem Therapeuten außerhalb des Gesichtsfeldes des Patienten wird getroffen, wenn davon ausgegangen wird, dass intensive Arbeit an den unbewussten Konflikten und der inneren Dynamik des Patienten notwendig ist. Dies erfordert ein hohes Maß an Engagement seitens des Patienten und die Fähigkeit, sich über einen längeren Zeitraum hinweg auf einen intensiven intrapsychischen therapeutischen Prozess einzulassen.
Diese Therapieform eignet sich besonders für Patienten, die bereit sind, tief in ihre psychischen Prozesse einzutauchen und unbewusste Konflikte zu bearbeiten. Hiervon sollten vor allem Patienten profitieren, bei denen äußere Konflikten nicht im Vordergrund stehen, die sich gut an Träume erinnen können und selbständig ohne Unterstützung des Therapeuten mit ihren Träumen und den dazugehörigen Assoziationen arbeiten können.
Die klassischen analytischen Psychotherapie immer dann vorteilhaft, wenn extrem introspektionsfähige Patienten sehr viel träumen und mit den Träumen auf symbolischer Ebene gut arbeiten können und viele Assoziationen haben und in ihrer therapeutischen Arbeit nicht oder nur sehr wenig beim Verbalisieren vom Therapeuten unterstützt werden müssen.
Die modifizierte analytische Psychotherapie im Liegen mit einem Therapeuten im Gesichtsfeld des Patienten
Die modifizierte analytische Psychotherapie, bei der der Therapeut im Gesichtsfeld des Patienten sitzt, ist eine Form der Therapie, die sich ebenfalls an Patienten mit unbewussten psychischen Konflikten richtet, aber flexibler ist als die klassische Psychoanalyse. Diese Form der Therapie wird oft in Fällen eingesetzt, in denen der Fokus auf unbewussten Konflikten liegt, aber eine weniger intensive und konfrontative Herangehensweise angezeigt ist.
Die Entscheidung für eine modifizierte analytische Psychotherapie in dieser Form wird in der Regel dann getroffen, wenn die Symptome und die zugrunde liegenden psychischen Konflikte eine vertiefte psychodynamische Arbeit erfordern, aber eine weniger intensive Behandlung als die klassische Psychoanalyse angebracht ist. Diese Therapieform eignet sich für Patienten, die von einer intensiveren Bearbeitung ihrer Probleme profitieren, jedoch dabei mehr Unterstützung vom Therapeuten benötigen.
Die modifizierte analytische Psychotherapie im Sitzen
Die modifizierte analytische Psychotherapie im Sitzen mit einer oder zwei Stunden pro Woche, wird vor allem Patienten angebracht sein, die von einer psychodynamischen Bearbeitung ihrer psychischen Probleme profitieren können, aber mit einer tiefer gehenden Regression nichts anfangen können, weil sie entweder nicht träumen oder aber in ihren Träumen nicht nach Bedeutungen suchen können oder wollen.
Diese Therapieform eignet sich besonders für Patienten, die zwar tendenziell an den weniger bewussten Aspekten ihrer psychischen Konflikte arbeiten möchten, aber dies auf eine sehr oberflächliche Art und Weise machen möchten oder tun sollten, um negative Effekte, die im Rahmen einer Regression auftreten können, zu vermeiden. Sie ist für Patienten indiziert, die von einer regelmäßigen Selbsterfahrung und Bearbeitung ihrer inneren Konflikte in einem strukturierten, aber weniger intensiven Rahmen profitieren können aber mehr benötigen als eine Sitzung pro Woche. Deshalb kann im Rahmen einer modifizierten analytischen Psychotherapie im Sitzen mit einer oder zwei Sitzungen pro Woche gearbeitet werden.
Bei nicht träumenden Patienten oder bei Patienten mit vielen Albträumen sollte eher eine zudeckende, stützende modifizierte analytische Psychotherapie oder eine Tiefenpsychologie ins Auge gefasst werden.
Differenzial-Indikation für die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Es gibt drei Arten von Tiefenpsychologie jeweils im Sitzen 50min wöchentlich, zweimal oder einmal 25min wöchentlich, 50min zweiwöchentlich.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie mit einer Sitzung pro Woche
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie mit einer Sitzung pro Woche à 50 Minuten ist eine weniger intensive Form der psychodynamischen Therapie und richtet sich an Patienten mit psychischen Problemen, die aufgrund ihrer introspektiven Fähigkeiten von einer Bearbeitung ihrer unbewusster Konflikte und innerer Dynamiken profitieren könnten, aber keine intensive oder langwierige psychoanalytische Therapie benötigen. Sie ist kontraindiziert bei Patienten, die nur rational nach kognitiver Umstrukturierung verlangen und kein Interesse daran haben, sich mit emotionalen Aspekten ihres Lebens auseinanderzusetzen.
Die Indikation zur Tiefenpsychologie ist ähnlich wie bei der modifizierten analytischen Psychotherapie im Sitzen. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass man immer dann zu einer Tiefenpsychologie raten würde, wenn viele ich-strukturelle Defiziten vorliegen und die psycho-dynamischen Aspekte eher weniger von Bedeutung sind.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie mit einer Sitzung von 25 Minuten pro Woche
Diese Form der Psychotherapie ist bei allen Krankheitsbildern indiziert, die in leichter Ausprägung vorliegen: D.h., leichte Anpassungsstörungen, leichte depressive Verstimmungen, leichte Angststörungen, milde Selbstwertprobleme: Bei Patienten mit leichten Selbstwertschwierigkeiten, die durch regelmäßige, aber kurze Reflexion und Unterstützung bearbeitet werden können. Ebenso bei milde Beziehungsproblemen: Wenn es um kleinere, wiederkehrende Beziehungsprobleme geht, die eine kontinuierliche, aber nicht intensive therapeutische Aufmerksamkeit erfordern.
Weiterhin kommt diese Indikation infrage bei:
Nachsorge: Für Patienten, die eine intensivere Therapie abgeschlossen haben und in einer stabilen Phase sind, aber weiterhin eine regelmäßige, kurze Unterstützung benötigen, um den Therapieerfolg zu sichern.
Langfristige Begleitung: Bei Patienten mit einer chronischen, aber stabilen psychischen Symptomatik, die keine intensivere Therapie benötigt, aber von einer kontinuierlichen, regelmäßigen Unterstützung profitiert.
Förderung von Ressourcen: Bei Patienten, die in ihrer Lebensbewältigung weitgehend stabil sind, aber von einer regelmäßigen Förderung und Stabilisierung ihrer psychischen Ressourcen profitieren.
Vorbereitung auf intensivere Therapie, Initiale Unterstützung: Für Patienten, die sich auf eine intensivere Therapie vorbereiten und eine unterstützende Begleitung benötigen, um sich auf tiefere psychotherapeutische Arbeit einzulassen.
Diese Therapieform ist besonders geeignet für Patienten, die eine niedrigschwellige, unterstützende psychotherapeutische Begleitung benötigen, aber im Moment keine intensivere, langwierige psychodynamische Bearbeitung ihrer Probleme benötigen oder aber von einer ganzen Sitzung à 50 Minuten überfordert wären. Sie kann auch als Übergangslösung oder zur Stabilisierung nach intensiveren Therapiephasen eingesetzt werden.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie mit einer Sitzung pro 14 Tage
Eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie mit einer Sitzung einmal in 14 Tagen wird in der Regel für Patienten erwogen, die eine regelmäßige, aber nicht sehr intensive psychotherapeutische Begleitung benötigen. Diese Form der Therapie eignet sich besonders für Menschen, deren psychische Probleme eine kontinuierliche Bearbeitung erfordern, aber keine wöchentliche Betreuung notwendig machen. Hier sind die Hauptindikationen:
Nachsorge: Für Patienten, die eine intensivere Therapie (z.B. wöchentliche Sitzungen) abgeschlossen haben und nun eine weniger intensive, aber regelmäßige Begleitung benötigen, um den Therapieerfolg zu stabilisieren.
Langfristige Begleitung: Bei Patienten mit chronischen psychischen Erkrankungen (z.B. chronische Depression, Angststörungen), die stabil sind und keine wöchentliche Therapie benötigen, aber von einer kontinuierlichen Bearbeitung ihrer Grundkonflikte profitieren.
Ressourcenorientierte Begleitung: Bei Patienten, die in ihrer Lebensbewältigung relativ stabil sind, aber von einer regelmäßigen Reflexion und Unterstützung in einem zweiwöchentlichen Rhythmus profitieren.
Diese Therapieform ist geeignet für Patienten, die eine längerfristige, aber weniger intensive Begleitung bei der Bearbeitung ihrer psychischen Probleme benötigen. Die Sitzungen einmal in 14 Tagen ermöglichen eine kontinuierliche therapeutische Arbeit, ohne die Intensität und den Zeitaufwand einer wöchentlichen Therapie. Sie ist ideal für Patienten, deren Symptomatik stabil ist oder die nach einer intensiveren Therapie eine Nachsorge und weitere Begleitung benötigen.
Heuristiken in der Tiefenpsychologie und analytischen Psychotherapie
Für Tiefenpsychologie und analytische Psychotherapie kommen diverse Heuristiken infrage. Bitte hierzu auf der Seite über psychotherapeutische Heuristiken nachlesen (siehe unten).