Ist das Kunst oder einfach nur banal?

Einleitung

In diesem Beitrag soll die Bandbreite von Sprachstilen, die von künstlerischem Ausdruck über verrücktes zerfahrenes Gerede bis hin zu banaler Kommunikation reichen können, näher untersucht werden.

Um die Unterschiede zwischen bizarr-verrücktem Gerede, künstlerischem Ausdruck und banaler Alltagskommunikation zu verdeutlichen, eignet sich das Gedicht “Der Fischer” von Johann Wolfgang von Goethe. Ich werde zuerst das Original wiedergeben, dann eine bizarr-verrückte Version und schließlich eine banale Version, um die verschiedenen Stile zu illustrieren.

Die Originalversion als Beispiel für künstlerischer Ausdruck

Der Fischer
Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll,
Ein Fischer saß daran,
Sah nach dem Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
Teilt sich die Flut empor;
Aus dem bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.

Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
Was lockst du meine Brut
Mit Menschenwitz und Menschenlist
Hinauf in Todesglut?
Ach wüßtest du, wie’s Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.

Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht,
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ew’gen Tau?

Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll,
Netzt’ ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war’s um ihn geschehn:
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.

Die bizarr-verrückte Version als Beispiel für Zerfahrenheit

Der Fischer im Irrsinn
Das Wasser quäkt, die Frösche tanzen,
Ein Fischer starrt ins Moor,
Mit Augen, wild wie Feuerschwänze,
Schwitzt er bei Tagesschwere.
Und plötzlich – ein Blitz aus Quarks!
Ein Wesen halb Fisch, halb Tonne,
Mit Zähnen aus purem Salz und stark
Wie eine Mühle im Sturm.

Sie zischte und fauchte: „He, du Narr!
Was ziehst du da aus Schlamm und Gekröse?
Hier unten lebt’s, da oben ist nichts wahr!
Die Untoten stehen in jeder Ecke herum.“
Der Fischer gluckst’, der Fischer gafft,
Bis ihm die Augen aus dem Kopf purzeln,
Dann fiel er um, und sein Geist schwafelte
Vom Mond aus Butter und Sternen aus Konfetti.

„Sieh, die Sonne sinkt in den Tümpel,
Der Mond, er hüpft wie ein Karpfen hervor,
Alles dreht sich, und die Erde krümmt sich,
In meinem Kopf, da tanzen die Lampen!“
Und der Fischer fiel in das Wasser hinein,
Das brodelte und zischte und er lachte,
Er verwandelte sich in einen Zitronenkuchen
Und wurde vom Nebel verschlungen.

Das Beispiel für banale Alltagskommunikation

Ein Angler am Wasser
Ein Mann sitzt am See und angelt.
Es ist ein ruhiger Tag.
Das Wasser plätschert ein bisschen.
Der Mann denkt nach.

Plötzlich sieht er eine Frau im Wasser.
Sie fragt ihn: „Warum angelst du hier?
Die Fische gehören ins Wasser,
Nicht an deine Angel.“

Der Mann ist überrascht.
Er fühlt sich komisch,
Als sie weiter mit ihm redet.
Er kann nicht aufhören, zuzuhören.

Langsam wird sein Fuß nass,
Weil das Wasser steigt.
Er denkt an seine Freundin
Und fühlt sich erregt.
Die Frau im Wasser zieht ihn rein,
Und er verschwindet.


Analyse der drei Beispiele

Künstlerischer Ausdruck (Originalversion): Goethes Gedicht ist poetisch, bildhaft und voller Emotionen. Die Sprache ist kunstvoll, und die Metaphern erzeugen eine mystische, fast übernatürliche Atmosphäre. Das Gedicht spielt mit der Vorstellung von Verführung und Verzauberung.

Bizarr-verrückte Version: Hier wird die Handlung überdreht und surreal dargestellt. Die Sprache ist unpassend-bizarr und absurd. Es entsteht eine groteske, verzerrte Realität, die keinen Bezug mehr hat zu nachvollziehbaren menschlichen Emotionen.

Banale stereotype Alltagskommunikation: Diese Version ist einfach und sachlich wie ein Bericht. Die poetischen Elemente des Originals sind verloren gegangen, und die Handlung wird in einer nüchternen, langweiligen Art und Weise erzählt. Es gibt keine Metaphern oder bildhafte Sprache, alles wird banalisiert, direkt und ungeschmückt beschrieben.

Diese drei Versionen verdeutlichen die Bandbreite von Sprachstilen, die von künstlerischem Ausdruck über verrücktes, zerfahrenes Gerede bis hin zu banaler Alltags-Kommunikation reichen.

Merkmale für gebildetes Sprechen

Gebildetes Sprechen, das sich an persönlicher subjektiver authentischer Erfahrung und geistvollen Inhalten orientiert, zeichnet sich durch mehrere typische Merkmale aus. Hier sind einige der auffälligsten Eigenschaften:

Reflektiertheit und Tiefgang: Solches Sprechen ist oft geprägt von einer komplexen Reflexion über die eigene Erfahrung und das Leben im Allgemeinen. Die Sprechenden nehmen sich Zeit, ihre Gedanken zu durchdenken und auszudrücken, oft mit einem Fokus auf die differenzierten Bedeutungen in ihren Aussagen.
Authentizität und Ehrlichkeit: Die Sprache ist durch eine authentische Darstellung der eigenen Erfahrungen und Überzeugungen gekennzeichnet. Es geht weniger um das, was man „sagen sollte“, sondern um das, was man wirklich denkt und fühlt. Dies verleiht den Aussagen eine persönliche Note und Echtheit.

Subjektivität: Solche Kommunikation ist stark von der eigenen Perspektive geprägt. Die Sprechenden teilen ihre individuellen Ansichten und Erfahrungen, oft in einer Art und Weise, die ihre Einzigartigkeit und persönlichen Erfahrungen betont.
Sprachliche Präzision und Ausdruckskraft: Gebildetes Sprechen zeigt sich oft in einer sorgfältigen Wortwahl und Ausdrucksweise. Es werden differenzierte Begriffe verwendet, um komplexe Ideen und Nuancen genau zu vermitteln. Es geht darum, die Gedanken klar und treffend zu formulieren.

Geistvoller Inhalt und Intellektualität: Das Gespräch enthält oft anspruchsvolle, geistvolle Inhalte. Es wird über Themen gesprochen, die intellektuell anregend sind und tieferes Wissen oder philosophische Überlegungen erfordern. Solche Inhalte können literarische, philosophische, kulturelle oder wissenschaftliche Aspekte umfassen.
Metaphorik und bildhafte Sprache: Um komplexe Gedanken und Erfahrungen auszudrücken, wird häufig eine bildhafte Sprache oder Metaphern verwendet. Diese Sprachmittel helfen, abstrakte Konzepte zugänglicher und eindrucksvoller darzustellen.

Selbstreflexion und Bewusstsein: Die Sprechenden sind sich ihrer eigenen Gedankenprozesse und ihrer Wirkungen auf andere bewusst. Sie zeigen oft eine Fähigkeit zur Selbstkritik und zum Hinterfragen eigener Überzeugungen, was dem Gespräch eine dynamische und offene Qualität verleiht.
Kulturelle und intertextuelle Bezüge: Gebildetes Sprechen ist häufig durch Anspielungen auf Zitate aus Literatur, Kunst, Geschichte oder Philosophie bereichert. Diese Bezüge verleihen der Kommunikation Komplexität und verbinden persönliche Erfahrungen mit breiteren kulturellen Kontexten.

Dialogisches und respektvolles Zuhören: Diese Art des Sprechens geht oft mit einem respektvollen und aufmerksamen Zuhören einher. Die Sprechenden sind daran interessiert, auf die Beiträge anderer einzugehen und den Dialog zu fördern, anstatt nur ihre eigenen Ansichten durchzusetzen.
Nuanciertheit und Offenheit für Ambivalenzen: Es wird Wert auf die Darstellung von Komplexität und Mehrdeutigkeit gelegt. Einfache Antworten werden gemieden, und es wird Raum für verschiedene Perspektiven und Ambivalenzen geschaffen.

Diese Merkmale machen gebildetes Sprechen zu einer Form der Kommunikation, die sowohl intellektuell anspruchsvoll als auch persönlich und authentisch ist. Es verbindet die Tiefe des Denkens mit der Ehrlichkeit der persönlichen Erfahrung und trägt so zu einem bereichernden und oft inspirierenden Austausch bei.

Merkmale für bizarres, zerfahrenes Gerede

Bizarres, zerfahrenes Gerede von Unsinn zeichnet sich durch eine Reihe von charakteristischen Merkmalen aus, die es von anderen Kommunikationsformen abgrenzen. Hier sind einige der auffälligsten Eigenschaften:
Logikbruch und Widersprüche: Bizarres Gerede neigt dazu, die Gesetze der Logik zu missachten oder absurde Widersprüche zu enthalten. Aussagen können plötzlich ins Gegenteil umschlagen oder völlig inkohärent sein.

Surrealismus und Absurdität: Oft enthalten solche Aussagen Elemente, die surreal oder absurd erscheinen, wie z.B. ungewöhnliche Kombinationen von Objekten, unerwartete Assoziationen oder Phantasiegebilde, die in der Realität keinen Sinn ergeben.
Sprachliche Verzerrung und Neologismen: Die Sprache selbst kann verzerrt werden, indem neue Wörter erfunden (Neologismen) oder bekannte Wörter in ungewohnten Kontexten verwendet werden. Satzstrukturen können verdreht, zerbrochen oder unerwartet sein.

Übertriebene Emotionalität oder völlige Emotionslosigkeit: Das Gerede kann entweder übertrieben emotional sein, mit plötzlichen Ausbrüchen oder Gefühlsumschwüngen, oder es kann seltsam distanziert und emotionslos wirken, selbst bei Themen, die normalerweise starke Gefühle auslösen würden.
Sprunghaftigkeit und Inkohärenz: Gedanken oder Themen wechseln abrupt und ohne erkennbaren Zusammenhang. Das Gerede wirkt sprunghaft und unstrukturiert, als ob keine klare Richtung verfolgt wird.

Verzerrte Realität und Phantasie: Oft vermischen sich in bizarren Aussagen Realität und Phantasie. Das Gesagte kann völlig von der Realität losgelöst sein, mit Elementen, die physisch unmöglich oder grotesk sind.
Paradoxe oder unverständliche Bilder: Es werden häufig visuelle oder metaphorische Bilder verwendet, die keinen Sinn ergeben oder widersprüchlich sind, wie z.B. „Der Mond wäscht seine Haare im Ozean der Zeit.“

Sprachspiel und Unsinn: Das Gerede kann sich in reine Wortspiele oder nonsenshafte Reime auflösen, die keinen tieferen Sinn haben, aber dennoch auf einer klanglichen oder rhythmischen Ebene funktionieren.
Verwirrung und Desorientierung: Bizarres Gerede erzeugt oft ein Gefühl der Verwirrung und Desorientierung beim Zuhörer, der Schwierigkeiten hat, dem Gedankengang zu folgen oder die Aussagen in einen sinnvollen Kontext zu setzen.
Unvorhersehbarkeit: Es gibt keine klaren Muster oder Regeln, die das bizarre Gerede lenken. Jede Aussage kann völlig unvorhersehbar sein, was die Kommunikation chaotisch und schwer nachvollziehbar macht.

Diese Merkmale machen bizarres, zerfahrenes Gerede von Unsinn zu einer Form der Kommunikation, die absichtlich oder unabsichtlich die Normen und Konventionen der Sprache bricht und eine verwirrende, oft skurrile oder unheimliche Wirkung erzeugt.

Merkmalen für banales, stereotypes Alltagsgerede

Banales, stereotypes Alltagsgerede zeichnet sich durch eine Reihe von typischen Merkmalen aus, die es von anderen Kommunikationsformen abgrenzen. Hier sind einige der auffälligsten Merkmale:
Einfachheit und Oberflächlichkeit: Alltagsgerede ist oft simpel und wenig tiefgründig. Es werden hauptsächlich triviale Themen behandelt, ohne dass eine tiefere Auseinandersetzung stattfindet.

Wiederholung und Klischees: Es wird oft auf stereotype Phrasen und Floskeln zurückgegriffen, die in der Gesellschaft weit verbreitet sind. Diese Sätze haben oft wenig individuelle Bedeutung und werden routinemäßig verwendet.
Allgemeinplätze: Banales Gerede enthält häufig allgemeine Aussagen, die kaum Widerspruch hervorrufen und deshalb weitgehend unbemerkt bleiben. Beispiele sind Aussagen wie „Das Wetter ist heute aber schön“ oder „Na, wie geht’s?“.

Routine und Gewohnheit: Solche Gespräche folgen oft festgelegten Mustern, insbesondere in sozialen Interaktionen wie Begrüßungen oder Smalltalk. Die Inhalte sind vorhersehbar und dienen mehr der Aufrechterhaltung von sozialem Kontakt als dem Austausch von bedeutungsvollen Informationen.
Neutralität: Die Sprache ist oft neutral und unpersönlich. Emotionen werden selten stark ausgedrückt, und die Kommunikation bleibt auf einem höflichen, aber distanzierten Niveau.

Fokus auf das Naheliegende: Gesprächsthemen konzentrieren sich meist auf unmittelbare, sichtbare oder alltägliche Dinge, wie z.B. das Wetter, den Verkehr oder den nächsten Urlaub. Tiefere oder abstraktere Themen werden gemieden.
Vermeidung von Konflikten: Banales Alltagsgerede neigt dazu, Konflikte zu vermeiden. Es wird selten über kontroverse oder emotional aufgeladene Themen gesprochen, um Unstimmigkeiten zu verhindern.

Funktionalität: Oft dient diese Art der Kommunikation dazu, soziale Interaktionen zu erleichtern und Beziehungen zu pflegen, ohne jedoch eine tiefergehende Verbindung oder Erkenntnis anzustreben.
Diese Merkmale machen banales Alltagsgerede zu einer Form der Kommunikation, die zwar allgegenwärtig und funktional ist, jedoch selten kreative, emotionale oder intellektuelle Tiefe erreicht.

Merkmale für gehässiges Gerede

Ressentiment-basierte, gehässige und feindselige Redeweise ist durch eine Reihe von charakteristischen Merkmalen geprägt, die auf tief sitzende negative Emotionen wie Neid, Bitterkeit oder Groll zurückzuführen sind. Hier sind einige der typischen Eigenschaften:
Negativität und Bitterkeit: Die Redeweise ist stark negativ gefärbt. Es wird oft ein düsteres oder zynisches Weltbild vermittelt, das von Misstrauen und Pessimismus geprägt ist. Die Sprechenden konzentrieren sich auf das Schlechte und betonen Probleme, Mängel und Fehler anderer.

Aggressiver Ton: Es wird oft ein aggressiver oder scharfer Ton angeschlagen. Die Sprache kann anklagend, herablassend oder abwertend sein. Es wird versucht, andere durch verbale Angriffe zu erniedrigen oder zu verletzen.
Abwertungen und Pauschalurteile: Ressentiment-basierte Redeweise neigt dazu, Menschen oder Gruppen pauschal abzuwerten. Stereotype und Vorurteile werden oft verstärkt, und es gibt wenig bis keine Bereitschaft, differenziert oder fair über andere zu sprechen.

Ironie und Sarkasmus: Sarkasmus und Ironie werden häufig als Mittel verwendet, um andere zu verspotten oder zu verhöhnen. Diese Stilmittel dienen oft dazu, die eigene Überlegenheit zur Schau zu stellen oder die Schwächen anderer bloßzustellen.
Feindseligkeit und Schuldzuweisungen: Die Redeweise ist von einer grundlegenden Feindseligkeit geprägt. Es wird häufig nach Sündenböcken gesucht, denen die Schuld für eigene oder gesellschaftliche Missstände gegeben wird. Diese Schuldzuweisungen sind oft überzogen und ungerechtfertigt.

Neid und Missgunst: Eine tief sitzende Missgunst ist oft spürbar. Erfolg, Glück oder positive Eigenschaften anderer werden nicht anerkannt, sondern neidvoll betrachtet und abgewertet. Es kann auch eine Lust daran bestehen, anderen ihren Erfolg zu verderben oder sie scheitern zu sehen.
Manipulative Taktiken: Es wird versucht, durch Manipulation oder Verzerrung der Wahrheit die Meinung anderer zu beeinflussen. Dabei werden Fakten verdreht, übertrieben oder bewusst falsch dargestellt, um den eigenen Groll zu rechtfertigen.

Moralische Selbstgerechtigkeit: Die Sprechenden präsentieren sich oft als moralisch überlegen. Diese Selbstgerechtigkeit dient dazu, das eigene Verhalten zu rechtfertigen und die Fehler oder das vermeintlich schlechte Verhalten anderer zu verurteilen.
Opferrolle und Selbstmitleid: Oft stellen sich die Sprechenden als Opfer dar, die von anderen schlecht behandelt wurden. Diese Opferrolle dient dazu, den eigenen Groll und die Feindseligkeit zu legitimieren und sich von Verantwortung freizusprechen.
Fehlende Empathie und Verständnis: Es gibt wenig bis keine Bereitschaft, die Perspektiven oder Gefühle anderer zu verstehen oder Mitgefühl zu zeigen. Andere Menschen werden oft entmenschlicht oder als minderwertig betrachtet.

Diese Merkmale machen ressentiment-basierte, gehässige Redeweise zu einer destruktiven Form der Kommunikation, die darauf abzielt, anderen zu schaden, anstatt einen konstruktiven Dialog zu führen. Sie verstärkt Konflikte und spaltet, anstatt Brücken zu bauen oder Lösungen zu finden.

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