Grundfragen der Philosophie

In diesem Beitrag möchte ich mich nur auf fünf wesenltiche Philosophen beziehen: Descartes, Kant, Heidegger, Cassirer und MacIntyre. Dabei möchte ich nur die jeweiligen Grundfragen erwähnen und versuchen die gesellschafts-politischen Implikationen ihrer jeweiligen Antworten trasparent zu machen.

René Descartes und Immanuel Kant

René Descartes und Immanuel Kant sind zwei zentrale Figuren der Philosophie, deren Werke bedeutende Antworten auf die Fragen “Was können wir wissen?” und “Was sollen wir tun?” geben. Ihre Ansätze und Schlussfolgerungen unterscheiden sich jedoch grundlegend, was weitreichende gesellschafts-politische Implikationen hat.

Descartes: Rationalismus und methodischer Zweifel
Die Beantwortung seiner Frage: “Was können wir wissen?”
Descartes’ erkenntnistheoretische Antwort basiert auf seinem methodischen Zweifel. Er zweifelt an allem, was nicht absolut gewiss ist, und kommt zu dem Schluss, dass das einzige unbestreitbare Wissen in der Existenz des denkenden Subjekts liegt: “Cogito, ergo sum” (Ich denke, also bin ich). Auf dieser Grundlage versucht er, Wissen systematisch wieder aufzubauen, indem er sich auf klare und deutliche Ideen stützt, die durch die Vernunft erkannt werden können.
Die Beantwortung seiner Frage: “Was sollen wir tun?”
Descartes’ Ethik ist weniger ausgeprägt als seine Erkenntnistheorie, aber er legt Wert auf die Verwendung der Vernunft, um moralische Entscheidungen zu treffen. Er betont die Wichtigkeit des vernünftigen Handelns, das auf klaren und deutlichen Ideen basiert.
Gesellschafts-politische Implikationen
Descartes’ Betonung des Individuums und der Vernunft hat weitreichende Implikationen für die Gesellschaft. Sein Ansatz unterstützt die Idee der Autonomie des Individuums und legt den Grundstein für die Aufklärung, die die Betonung auf Rationalität, Wissenschaft und individuelle Freiheit legt. Dies kann zu einer Gesellschaft führen, die wissenschaftlichen Fortschritt und individuelle Rechte hoch schätzt. Auffällig ist, dass Descartes sich sehr viel mit vernunftbasierten Gottesbeweisen beschäftigt aber für die Kirche keinen Raum in seiner Philosophie setzt. Dies hat dann auch zum Verbot seiner Schfiften durch den Vatikan geführt.

Kant: Transzendentalphilosophie und kategorischer Imperativ
Die Beantwortung seiner Frage: “Was können wir wissen?”
Kant revolutionierte die Philosophie mit seiner “Kritik der reinen Vernunft”, in der er behauptet, dass unser Wissen durch die Struktur unseres eigenen Geistes begrenzt ist. Wir können nur die Erscheinungen (Phänomene) kennen, wie sie uns durch unsere Sinneswahrnehmungen und kognitiven Strukturen erscheinen, nicht aber die Dinge an sich. Das Wissen ist somit ein Zusammenspiel von Sinneseindrücken und den apriorischen Kategorien des Verstandes.
Die Beantwortung seiner Frage: “Was sollen wir tun?”
In der “Kritik der praktischen Vernunft” entwickelt Kant den kategorischen Imperativ, eine universelle moralische Regel, die besagt, dass man nur nach Maximen handeln soll, die man zugleich wollen kann, dass sie ein allgemeines Gesetz werden. Dies betont die Pflichtethik und die Notwendigkeit, moralische Entscheidungen unabhängig von den Konsequenzen zu treffen, basierend auf der Vernunft.
Gesellschafts-politische Implikationen
Kants Philosophie betont die Autonomie des moralischen Subjekts und die Notwendigkeit universeller moralischer Gesetze. Dies hat bedeutende Implikationen für die gesellschaftliche Ordnung, insbesondere hinsichtlich der Betonung auf Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und moralische Verantwortung. Kants Ansatz kann als Grundlage für moderne demokratische Prinzipien und die Betonung auf die Würde des Einzelnen gesehen werden. Kritisch an Kant ist zu bemerken, dass die Grundprinzipien des kategorischen Imperativs vermutlich nur von sehr wenigern Menschen überhaupt verstanden und noch weniger umgesetzt werden können. Dankt Ethik ist deshalb keine Ethik für die Massen sondern bestenfalls für Philosophen.

Vergleich von Descartes und Kant und gesellschafts-politische Implikationen ihrer Auffassungen:
Erkenntnistheorie: Während Descartes auf die Unfehlbarkeit der Vernunft und klarer Ideen setzt, zeigt Kant die Grenzen unseres Wissens auf und betont die Rolle der menschlichen Kognition. Diese Unterschiede beeinflussen die wissenschaftliche Methodologie und die Art und Weise, wie Gesellschaften Wissen bewerten und anwenden.
Ethik: Descartes’ weniger explizite Ethik im Vergleich zu Kants rigorosem kategorischen Imperativ zeigt einen Unterschied in der moralischen Herangehensweise. Kant fordert von Individuen und Gesellschaften, universell gültige moralische Gesetze zu respektieren, was zu einer Betonung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten führt.
Gesellschafts-politische Implikationen: Beide Philosophen legen den Grundstein für die Aufklärung, aber während Descartes’ Rationalismus die wissenschaftliche Revolution und individuelle Autonomie fördert, unterstützt Kants Ethik die Entwicklung moderner demokratischer Staaten und das Prinzip der moralischen Autonomie und Pflicht.
Insgesamt bieten Descartes und Kant unterschiedliche Perspektiven, die die Entwicklung westlicher Gesellschaften in Bezug auf Wissenschaft, Moral und Politik tiefgreifend beeinflusst haben.

Martin Heidegger, Ernst Cassirer und Alasdair MacIntyre

Heidegger, Cassirer und MacIntyre haben unterschiedliche philosophische Ansätze zur Beantwortung der Fragen “Was ist der Mensch?” und “Was sollen wir tun?” entwickelt. Ihre Antworten haben jeweils tiefgreifende gesellschafts-politische Implikationen.

Martin Heidegger
Die Beantwortung seiner Frage: “Was ist der Mensch?”
Heidegger betrachtet den Menschen als ein „Sein-zum-Tode“, also ein Wesen, das sich durch sein Bewusstsein der eigenen Endlichkeit und seiner Existenz definiert. Der Mensch ist „Dasein“, ein einzelnes Wesen, das in der Welt ist und sich ständig im Verhältnis zu seiner Umgebung und zu seiner eigenen Existenz befindet.

Die Beantwortung seiner Frage: “Was sollen wir tun?”
Für Heidegger bedeutet das richtige Tun, authentisch zu sein. Dies impliziert, dass der Mensch sich seiner eigenen sigulären Existenz bewusst wird und sich nicht durch die „Man“-Strukturen (die anonyme Masse und gesellschaftliche Konventionen) bestimmen lässt. Authentizität erfordert ein Verständnis und eine Akzeptanz der eigenen Sterblichkeit sowie das Streben nach einem eigenen, individuellen Lebensweg.
Gesellschafts-politische Implikationen
Heideggers Philosophie kann zur Ablehnung konventioneller Normen und zu einer Betonung der individuellen Existenz führen. Diese Haltung kann sowohl befreiend als auch isolierend wirken, da sie den Einzelnen dazu ermutigt, sich von gesellschaftlichen Erwartungen zu lösen und einen eigenen authentischen Weg zu finden. Politisch kann dies zu einer gewissen Ablehnung traditioneller Strukturen und zu einem Fokus auf individuelle Freiheit führen. Heideegger war von 1933 bis 1945 Mitglied der NSDAP.

Ernst Cassirer
Die Beantwortung seiner Frage: “Was ist der Mensch?”
Cassirer sieht den Menschen im Unterschied zum Tier als ein „symbolisches Wesen“. Der Mensch ist durch seine Fähigkeit zur Symbolisierung und zur Nutzung von Sprache, Mythos, Kunst, Religion und Wissenschaft definiert. Diese symbolischen Formen sind Mittel, durch die der Mensch die Welt interpretiert und versteht.
Die Beantwortung seiner Frage: “Was sollen wir tun?”
Für Cassirer besteht die Aufgabe des Menschen darin, diese symbolischen Formen zu entwickeln und zu nutzen, um Wissen zu erlangen und kulturelle Werte zu schaffen. Dies bedeutet, dass der Mensch ständig an der Erweiterung seines Verständnisses der Welt und seiner selbst arbeiten soll.
Gesellschafts-politische Implikationen
Cassirers Ansatz betont die Bedeutung von Bildung, Kultur und Kommunikation. Politisch könnte dies eine Gesellschaft fördern, die auf den Austausch von Ideen, kulturelle Entwicklung und intellektuelle Freiheit Wert legt. Eine solche Gesellschaft würde darauf abzielen, die kreativen und kognitiven Fähigkeiten ihrer Mitglieder zu fördern und zu schätzen. Cassirer ging 1933 ins Exil, nachdem er aufgrund der Rassegesetze seine Professur verloren hatte.

Alasdair MacIntyre
Die Beantwortung seiner Frage: “Was ist der Mensch?”
MacIntyre sieht den Menschen als ein narratives Wesen, dessen Identität und moralisches Verständnis durch die Geschichten, in die er eingebettet ist, geprägt werden. Der Mensch ist Teil einer Gemeinschaft (primäre Abhängigkeit) und einer Tradition, die seine Werte und Ziele bestimmen.
Die Beantwortung seiner Frage: “Was sollen wir tun?”
Für MacIntyre ist das richtige Tun eng mit der Einbettung in und dem Verständnis von Traditionen und Gemeinschaften verbunden. Tugenden sind für ihn zentral, und diese Tugenden werden innerhalb der Gemeinschaft entwickelt und gepflegt. Der Mensch soll danach streben, ein tugendhaftes Leben zu führen, das im Einklang mit den ethischen Normen seiner Gemeinschaft steht.
Gesellschafts-politische Implikationen
MacIntyres Philosophie könnte zu einer Betonung der Bedeutung von Gemeinschaft, Tradition und gemeinschaftlichen Werten führen. Politisch könnte dies eine Ablehnung des Individualismus und eine Rückkehr zu einer stärker gemeinschaftsorientierten Ethik im Sinne von Aristoteles bedeuten. Gesellschaftliche Institutionen könnten darauf abzielen, die traditionellen Tugenden zu fördern und zu erhalten.

Zusammenfassung
Heidegger betont die individuelle Existenz und Authentizität, was zu einer Betonung individueller Freiheit aber auch Willkürlichkeit und irrationaler Radikalisierung führen kann.
Cassirer hebt die Rolle der symbolischen Formen und der kulturellen Entwicklung hervor, was zu einer Betonung von Bildung und intellektueller Freiheit führt, die aber an den Erwerb von Bildungsinhalten gebunden ist, was heute fraggwürdigen denn je erscheint.
MacIntyre betont die Bedeutung von Tradition und Gemeinschaft, was zu einer Rückkehr zu gemeinschaftlichen Werten und tugendhaften Leben führen kann, was voraussetzt, dass es allgemeinverbindliche Traditionen und geschlossene Gesellschaften übherhaupt noch gibt. Dies erscheint im Zeitalter von gespaltenen Gesellschaften zunehmen unwahrscheinlich zu realisieren.

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