Eine der ältesten mythologischen Geschichen der Menschheit berichtet von dem despotischen Herrscher Gilgamesch im prähistorischen Babylonien. Vielleicht hat ein historischer Gilgamesch tatsächlich einmal gelebt. Dies könnte für die Zeit von 2750–2600 v. Chr vermutet werden.
Der Gilgamesch-Mythos berichtet, er sei zu zwei Dritteln Gott und zu einem Drittel Mensch gewesen. Weil er ein nicht gottgefälliger, despotischer Herrscher war, schuf die Göttin Aruru den Steppenmenschen Enkidu, der Gilgamesch besiegen sollte. Schließlich kommt es zum Kampf, der unentschieden endet. Die Gegner überwinden ihre Rivalität und werden Freunde und bestehen gemeinsame Abenteuer.
Gilgamesch und Enkidu treten gegen ein Ungeheuer namens Huwawa an und werden bei ihrer Rückkehr nach Uruk als die größten Helden gefeiert.
Ischtar, die Liebesgöttin, erklärt Gilgamesch daraufhin ihre Liebe, er aber weist die Göttin ab, weil er weiß, wie es Dumuzi, einem früheren Liebhaber Ischtars, ergangen war. Erbittert schickt sie den Himmelsstier nach Uruk, der nun die Erde verwüstet. Doch die beiden Helden erschlagen auch dieses Untier.
Aus Rache wird Enkidu auf Geheiß der Götter von einer Krankheit befallen und muss qualvoll sterben.
Gilgamesch weiß, dass ihn dasselbe Los erwartet und macht sich auf die Suche nach der Unsterblichkeit. Auf abenteuerlichem Weg gelangt er zu einem Fährmann, der ihn über das Wasser des Todes zu Utnapischtim – einem Vorfahren Gilgameschs – übersetzt, jener rät Gilgamesch, sechs Tage und sieben Nächte nicht zu schlafen, dann würde er Unsterblichkeit erlangen.
Gilgamesch hält dies jedoch nicht durch. So erzählt ihm Utnapischtim von der Pflanze, die aus Alt Jung macht. Daraufhin taucht Gilgamesch in die Tiefen des Meeres und findet sie.
Um die Menschen jung zu machen, will er die Verjüngungspflanze in seine Heimat bringen, doch eine Schlange raubt sie. Gilgamesch kehrt daraufhin verzweifelt nach Uruk zurück. Er hat nun Gewissheit über das Todesschicksal der Menschen gewonnen. Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit ist unrealistisch und muss verworfen werden.
Da Gilgamesch zwar zu zwei Dritteln Gott ist, zu einem Drittel aber Mensch, muss er nun um dieses einen Drittels willen selbst sterben.
Psychologie des Gilgamesch Epos
Das Gilgamesch-Epos, eines der ältesten überlieferten literarischen Werke der Menschheit, enthält zahlreiche psychologische Erkenntnisse, die bis heute Gültigkeit haben. Hier sind einige der wichtigsten:
Suche nach Unsterblichkeit:
Gilgameschs Suche nach Unsterblichkeit ist ein zentrales Thema des Epos. Dies spiegelt die universelle menschliche Angst vor dem Tod und den Wunsch nach einem dauerhaften Erbe wider. Die Erkenntnis, dass Unsterblichkeit durch das Hinterlassen eines Vermächtnisses erreicht werden könnte, ist eine zeitlose psychologische Wahrheit.
Freundschaft und Verlust, Überwindung der Rivalität:
Die tiefe Freundschaft zwischen Gilgamesch und Enkidu und der darauf folgende Schmerz über Enkidus Tod zeigen die fundamentale Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen und die intensive Trauer, die mit dem Verlust eines geliebten Menschen einhergeht. Dies illustriert die psychologische Bedeutung von Bindungen und den Umgang mit Trauer.
Akzeptanz der eigenen Sterblichkeit:
Am Ende des Epos akzeptiert Gilgamesch seine Sterblichkeit und erkennt den Wert des menschlichen Lebens an. Diese Einsicht ist ein Schlüsselkonzept in der Psychologie, das mit der Akzeptanz der eigenen Begrenztheit und der Suche nach Sinn und Erfüllung im Leben verbunden ist.
Selbsterkenntnis und persönliches Wachstum:
Gilgameschs Reise ist auch eine Reise der Selbsterkenntnis und zur Läuterung. Durch seine Abenteuer lernt er Demut, Verantwortung und die Bedeutung des Lebens. Dieser Prozess des persönlichen Wachstums und der Selbstreflexion ist ein zentraler Aspekt der menschlichen Psychologie.
Angst und Mut:
Das Epos behandelt auch die Themen Angst und Mut. Gilgamesch muss seine eigenen Ängste überwinden, um seine Ziele zu erreichen. Dies zeigt die psychologische Dynamik von Angstbewältigung und Risikobereitschaft, die auch heute noch relevant ist.
Die Natur des Helden:
Gilgamesch, ein Halbgott, muss lernen, seine göttlichen und menschlichen Seiten zu integrieren. Diese Dualität spiegelt die moderne psychologische Auffassung von der Integration verschiedener Aspekte der Persönlichkeit wider, um ein vollständiges und ausgeglichenes Selbst zu entwickeln.
Das Gilgamesch-Epos bietet somit tiefgreifende Einsichten in grundlegende menschliche Erfahrungen und Emotionen, die bis heute psychologisch relevant sind.
Verfassungszeitraum und Verfasser des Gilgamesch-Epos
Die frühesten Geschichten über Gilgamesch stammen aus sumerischen Gedichten, die um 2100 v. Chr. niedergeschrieben wurden. Diese Gedichte sind die Grundlage für das spätere Epos. Die erste Zusammenstellung der Gilgamesch-Geschichten zu einem längeren Epos erfolgte in akkadischer Sprache um 1800 v. Chr. Dies ist als die „altbabylonische“ Version des Epos bekannt. Die bekannteste Version des Gilgamesch-Epos stammt aus der Zeit um 1300 bis 1000 v. Chr. und wird als „Standardversion“ oder „Ninevite Version“ bezeichnet. Diese Version wurde von einem babylonischen Priester und Schreiber namens Sin-leqi-unninni zusammengestellt und bearbeitet.