Einleitung
Mitunter fallen Menschen auf, die über eine sehr hohe kognitive Intelligenz verfügen, dabei aber gleichzeitig Hinweise auf eine verminderte emotionale Intelligenz bieten.
Während emotional intelligente Menschen meist darin erfolgreich sind, sich angepasster und weniger auffällig zu verhalten, fallen Menschen mit eingeschränkter emotionaler Intelligenz durch sperrigeres und anstrengenderes Verhalten auf.
Es besteht meist ein Zusammenhang zwischen emotionaler Intelligenz und Sozialkompetenz im Allgemeinen, wovon hier einige Aspekte beschrieben werden sollen.
Forscher im Bereich der EI
Die Erforschung der emotionalen Intelligenz (EI) wurde von verschiedenen Forschern geprägt, die bedeutende Beiträge zu diesem Gebiet geleistet haben. Als einer der ersten hat der US-amerikanische Psychologe Edward Lee Thorndike den Begriff der sozialen Intelligenz in den 1920er-Jahren verwendet, um zu beschreiben, wie erfolgreich, sicher und geschickt eine Person mit ihren Mitmenschen agiert.
Die Psychologen Peter Salovey und John D. Mayer haben dann den Begriff „emotionale Intelligenz“ in den frühen 1990er Jahren geprägt. In ihrem wegweisenden Artikel von 1990 definierten sie emotionale Intelligenz als die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die Emotionen anderer zu erkennen, zu verstehen, zu verarbeiten und zu regulieren.
Später hat Daniel Goleman das Konzept der emotionalen Intelligenz populär gemacht. Sein Buch „Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ“ von 1995 trug maßgeblich dazu bei, das Bewusstsein für EI zu verbreiten. Goleman entwickelte ein Modell der emotionalen Intelligenz, das fünf Hauptdimensionen umfasst: Selbstbewusstsein, Selbstregulierung, Motivation, Empathie und soziale Fähigkeiten.
Howard Gardners Konzept der intrapersonalen und interpersonalen Intelligenz hat viele Forscher dazu angeregt, die Bedeutung von Emotionen und sozialen Fähigkeiten zu untersuchen.
David Caruso und Richard Boyatzis haben ebenfalls bedeutende Beiträge zur Forschung der emotionalen Intelligenz geleistet. Caruso arbeitete eng mit John D. Mayer und Peter Salovey zusammen und half bei der Entwicklung des Mayer-Salovey-Caruso Emotional Intelligence Test (MSCEIT). Boyatzis hat mit Daniel Goleman zusammengearbeitet und sich auf die Anwendung von EI in der Führung und Organisationsentwicklung konzentriert.
Aspekte der EI
In vielen Beiträgen wurde ab 1990 das Verständnis der emotionalen Intelligenz erforscht und ihre Anwendung in verschiedenen Bereichen wie Bildung, Arbeitsleben und persönlicher Entwicklung vorangetrieben.
Auffälligkeiten im sozialen Feld, die für emotional weniger intelligente Menschen typisch sind:
Unaufmerksamkeit und geringe Resonanz
Bei vielen Menschen mit einer vergleichsweise niedrigen emotionalen Intelligenz steht diese im Zusammenhang mit einem geringen Interesse an ihren Mitmenschen – und der damit verbundenen Unfähigkeit, aufmerksam zuzuhören. Die Betreffenden sind meist überdurchschnittlich ichbezogen, ihre Gedanken und Gefühle drehen sich hauptsächlich um sich selbst. Sie können abgelenkt sein, an unpassenden Stellen unterbrechen, um von sich selbst zu erzählen, haben oft keinerlei Fragen oder zeigen keine Reaktionen auf das Gesagte.
Schamlosigkeit
Emotionale Intelligenz befähigt Menschen unter anderem dazu, nonverbale Signale wahrzunehmen und Stimmung und Gefühle unserer Mitmenschen zu erspüren. Wer über eine geringe Sozialkompetenz verfügt, tut sich damit in der Regel schwer. Die Betreffenden merken deshalb oft nicht, wenn sie beispielsweise zu viel reden oder sich in sonstiger Weise unpassend verhalten. Sie scherzen in den falschen Momenten und ärgern sich dann über die anderen und ihren fehlenden Sinn für Humor, wenn niemand lacht – anstatt sich zu schämen und selbst zu hinterfragen.
Empfindlichkeit
Menschen mit einer niedrigen emotionalen Intelligenz ist oft weniger bewusst, dass unterschiedliche Personen unterschiedliche Interessen und Perspektiven haben und dass unter anderem aus diesem Grund nicht immer alles nach ihren Vorstellungen läuft. Können sie ihren Willen nicht durchsetzen, fühlen sie sich benachteiligt, ist jemand nicht ihrer Meinung, werten sie das als persönlichen Angriff. Meist leben emotional weniger intelligente Menschen mit dem Grundgefühl, dass andere Personen ihnen Böses wollen und ihnen eher in Feindschaft und Konkurrenz gegenüberstehen anstatt in Verbundenheit und Mitmenschlichkeit. Aus diesem Grund sind sie tendenziell misstrauisch und reagieren schnell sehr emotional.
Radikalität
Menschen mit einer niedrigen sozialen Intelligenz respektieren die Unterschiedlichkeit und Verschiedenartigkeit von anderen Menschen in der Regel nicht ausreichend. Sie sind meist sehr radikal in ihren Urteilen und halten vehement an ihren eigenen Wertmaßstäben fest. Das kann ein Grund dafür sein, dass sie Probleme haben, Kompromisse einzugehen und einen liberalen, offenen und toleranten Standpunkt einzunehmen.
Zusammenhang von Ei und sozialer Kompetenz
Emotionale Intelligenz (EI) und soziale Kompetenzen stehen in enger Beziehung zueinander, da beide Fähigkeiten umfassen, die für den erfolgreichen Umgang mit den eigenen Emotionen und den Emotionen anderer Menschen entscheidend sind. Hier sind einige spezifische Aspekte dieser Beziehung:
Definition und Überlappung:
Emotionale Intelligenz bezieht sich auf die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die Emotionen anderer zu erkennen, zu verstehen, zu verarbeiten und zu regulieren.
Soziale Kompetenzen sind Fähigkeiten, die es einer Person ermöglichen, effektiv und harmonisch mit anderen zu interagieren. Dazu gehören Fähigkeiten wie Kommunikation, Empathie, Konfliktlösung und Teamarbeit.
Emotionale Intelligenz umfasst oft Komponenten, die für soziale Kompetenzen grundlegend sind. Beispielsweise beinhaltet Empathie (ein Kernbestandteil von EI) die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu erkennen und darauf zu reagieren, was eine zentrale soziale Kompetenz darstellt.
Komponenten der emotionalen Intelligenz und ihre sozialen Auswirkungen:
Selbstbewusstsein: Das Erkennen und Verstehen der eigenen Emotionen kann zu besserem Selbstmanagement führen, was sich positiv auf soziale Interaktionen auswirkt.
Selbstregulierung: Die Fähigkeit, eigene Emotionen zu kontrollieren, hilft, in sozialen Situationen ruhig und besonnen zu bleiben.
Empathie: Die Fähigkeit, die Emotionen anderer zu erkennen und zu verstehen, ist entscheidend für soziale Kompetenzen wie Beziehungsaufbau und Konfliktlösung.
Soziale Fähigkeiten: Zu den sozialen Fähigkeiten gehören effektive Kommunikation, Beziehungsmanagement und Teamarbeit. Diese sind direkt mit der emotionalen Intelligenz verknüpft, da sie die Anwendung von Empathie und emotionale Regulation in sozialen Kontexten erfordern.
Anwendung in verschiedenen Bereichen:
Arbeitsleben: Hohe emotionale Intelligenz kann zu besseren sozialen Kompetenzen führen, die in der Teamarbeit, im Führungsverhalten und im Kundenservice von Bedeutung sind. Personen mit hoher EI sind oft besser in der Lage, Konflikte zu lösen und ein positives Arbeitsklima zu schaffen.
Persönliche Beziehungen: Emotionale Intelligenz fördert das Verständnis und die Rücksichtnahme auf die Gefühle anderer, was zu stärkeren und gesünderen zwischenmenschlichen Beziehungen führt.
Bildung: Schüler und Studenten mit hoher emotionaler Intelligenz zeigen oft bessere soziale Kompetenzen, was zu einem positiven Lernumfeld und besseren Zusammenarbeitsergebnissen führt.
Defizite im Bereich der sozialen Kompetenzen können sich in verschiedenen Verhaltensweisen und Situationen manifestieren. Hier sind einige Anzeichen, die darauf hindeuten könnten, dass jemand Schwierigkeiten in diesem Bereich hat:
Schwierigkeiten in der Kommunikation:
Unklare oder unangemessene Ausdrucksweise: Die Person hat Probleme, ihre Gedanken klar und angemessen zu artikulieren.
Schlechte Zuhörfähigkeiten: Die Person unterbricht häufig, hört nicht aktiv zu oder zeigt wenig Interesse an dem, was andere sagen.
Missverständnisse: Häufige Missverständnisse oder Fehlinterpretationen von gesagten oder geschriebenen Worten.
Schwierigkeiten, Freundschaften zu schließen oder aufrechtzuerhalten: Die Person hat Probleme, tiefe und nachhaltige Beziehungen zu entwickeln.
Konflikte: Häufiges Eingehen in Konflikte oder die Unfähigkeit, Konflikte friedlich zu lösen.
Mangel an Empathie: Unfähigkeit, die Gefühle oder Perspektiven anderer zu verstehen oder darauf einzugehen.
Unangemessene soziale Interaktionen: Die Person verhält sich in sozialen Situationen unangemessen oder unpassend (z.B. macht unangebrachte Witze, überschreitet persönliche Grenzen).
Tendenz zur sozialen Isolation oder zum Rückzug aus sozialen Situationen.
Betroffene zeigen übermäßig aggressives oder passives Verhalten in sozialen Interaktionen.
Es könne auch Schwierigkeiten in der Teamarbeit auftreten in Form von mangelnder Kooperationsfähigkeit, Schwierigkeiten, effektiv mit anderen zusammenzuarbeiten.
Probleme bei der Aufgabenverteilung: Unfähigkeit, Aufgaben fair zu verteilen oder gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Folgen von Defiziten in der emotionalen Intelligenz und bei sozialer Inkompetenz können sich in negativen Rückmeldungen von anderen Menschen manifestieren, die auf soziale Unbeholfenheit oder Unangemessenheit hinweisen. Betroffene zeigen häufig Widerstand gegen Feedback und haben Schwierigkeiten, konstruktive Kritik zu akzeptieren oder darauf angemessen zu reagieren.
Bei fehlender emotionaler Intelligenz findet man auch häufig Selbstregulationsprobleme. Schwierigkeiten, die eigenen Emotionen zu kontrollieren, was zu unangemessenem Verhalten führen kann. Geringes Selbstbewusstsein kann einhergehen mit der Unfähigkeit, die eigenen emotionalen Zustände zu erkennen oder zu verstehen.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass emotionale Intelligenz und soziale Kompetenzen stark miteinander verbunden sind. Emotionale Intelligenz bildet oft die Grundlage für die Entwicklung und Anwendung sozialer Kompetenzen, indem sie das Verständnis und die Regulierung von Emotionen in sozialen Interaktionen ermöglicht. Personen mit hoher emotionaler Intelligenz sind daher tendenziell besser in der Lage, effektive soziale Beziehungen aufzubauen und zu pflegen.
Es ist wichtig zu beachten, dass soziale Kompetenzen erlernt und verbessert werden können. Unterstützung durch Coaching, Psychotherapie oder Training sozialer Fähigkeiten kann hilfreich sein, um Defizite zu überwinden und soziale Kompetenzen zu stärken.
Weiterlesen: Psychotherapiepraxis in Berlin, Wolfgang Albrecht