Die tiefenpsychologische/psychoanalytische Supervision umfasst mehrere zentrale Aspekte, die darauf abzielen, die professionelle Haltung und die klinische Praxis von Therapeuten zu unterstützen und zu verbessern. Hier sind einige der wichtigsten Gesichtspunkte.
Selbstreflexion des Therapeuten
Der Therapeut wird dazu angeleitet, seine eigenen Gedanken, Gefühle und Reaktionen zu analysieren, die während der Therapie mit dem Patienten auftreten. Dies hilft, unbewusste Prozesse und mögliche Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene zu erkennen. Es sollte vor allem auch auf die vom Therapeuten und vom Patienten verwendeten Sprachspiele geachtet werden, um genauer verstehen zu können, was den jeweiligen therapeutischen Prozess ausmacht. Vergleiche hierzu den Beitrag: Sprachspiele in der Psychotherapie, den Beitrag: Sprache im psychotherapeutischen Setting und den Beitrag: Die Verwendung der Sprache für die Persönlichkeitsentwicklung.
Fallkonzeption und Fallanalyse
Der Supervisor kann dem Therapeuten helfen, Fälle strukturiert zu betrachten, Hypothesen zu entwickeln und Therapiepläne zu erstellen. Dabei wird die Entwicklung des Patienten analysiert und die Wirksamkeit der angewandten Methoden reflektiert. Klärungsbedürftig ist die Frage nach unbewussten Konflikten des Patienten und strukturellen Ressourcen und Defiziten. Vergleiche hierzu auch den Beitrag: Arbeit an der Struktur und den Beitrag; Vom Verbalisieren in der Psychotherapie.
Besprechung technischer Fragen hinsichtlich unterschiedlicher Methoden
Es werden spezifische technische Fragen und Methoden der tiefenpsychologischen/psychoanalytischen Praxis besprochen. Dies kann die Anwendung von Interventionsstrategien, die Handhabung von Widerständen oder die Verwendung von Träumen und die Verwendung der freien Assoziationen und das Suchen und Finden von Bedeutungen umfassen.
Vergleiche hierzu auch den Beitrag: Funktionen und Logik des Traums, den Beitrag: Intentionalität, Empathie und Bedeutung, den Beitrag; Berichten, Erzählen und Freie Assoziation und den Beitrag über Heuristiken in der Psychotherapie.
Fragen zu ethischen Aspekten und professionellen Haltung
Ethische Fragen und die professionelle Haltung des Therapeuten sind ebenfalls zentrale Themen. Dies beinhaltet den Umgang mit Grenzen des Settings, die Sicherstellung der Vertraulichkeit und die Reflexion der eigenen Machtposition. Eine Herausforderung zur Unterstützung des Therapeuten in der Supervision ist immer dann gegeben, wenn Patienten die professionelle Haltung des Therapeuten und sein Setting angreifen, z.B. durch Verspätungen, Absagen, Schweigen oder Beleidigungen etc.
Emotionale Unterstützung
Die Supervision bietet auch emotionalen Support für den Therapeuten. Der Austausch über schwierige Fälle und die damit verbundenen emotionalen Belastungen kann entlastend wirken und die Resilienz des Therapeuten stärken. Häufig sind angehenden Therapeuten viel zu sehr damit beschäftigt, sich lehrbuchmäßig auf den Patienten einzustellen und ein Maximum an Empathie bereitzustellen, ohne zu bemerken, wie sehr sie vom Patienten bereits dazu verwendet werden, das emotionale Abwehrsystem des Patienten nur affirmativ zu begleiten und nicht mehr hinreichend infrage zu stellen.
Kontinuierliches Lernen und Fortbildung
Die Supervision fördert kontinuierliches Lernen und die Weiterentwicklung der eigenen therapeutischen Fähigkeiten. Es wird angestrebt, dass der Therapeut nicht nur aktuelle Herausforderungen meistert, sondern auch langfristig seine Praxis verbessert. Es ist also immer wieder die Frage zu stellen, was kann anhand des gegenwärtigen Falles Grundsätzliches auch für die Zukunft gelernt werden.
Zur Verbindung von Theorie und Praxis
Die Supervision hilft dabei, theoretisches Wissen mit praktischen Erfahrungen zu verknüpfen. Dies unterstützt den Therapeuten dabei, theoretische Konzepte besser zu verstehen und in der Praxis anzuwenden. Diese Aspekte tragen dazu bei, dass der Therapeut seine Arbeit reflektiert und verbessert, seine Selbstwahrnehmung schärft und seine Fähigkeiten kontinuierlich weiterentwickelt. Hierzu ist es oft sinnvoll, sich von schematischen Lehrbüchern zu lösen und sich mehr von Gestaltungen in Kunst und Literatur inspirieren zu lassen. Vergleiche hierzu auch den Beitrag: Was fehlt in Lehrbüchern der Psychotherapie?
Zusammenfassung
Die Supervision sollte dem Therapeuten dazu verhelfen, sich von der unmittelbaren Anschauung zu lösen, damit aus der Distanz durch sprachliche Gestaltung des Erlebten der unmittelbaren Anschauung diese zu einer geistigen Erfahrung wird, die anschauliche und intellektuelle Aspekte der Beschreibung integriert.
„In dieser Gesetzlichkeit der Bildung, also nicht in der Nähe zum unmittelbar Gegebenen, sondern in der fortschreitenden Entfernung von ihm, liegt der Wert und die Eigenart der sprachlichen Gestaltung, wie der Wert und die Eigenart der künstlerischen Gestaltung, beschlossen. Diese Distanz vom unmittelbaren Dasein und vom unmittelbaren Erleben ist die Bedingung seiner Sichtbarkeit, seiner geistigen Bewußtheit. Auch die Sprache beginnt daher erst dort, wo das unmittelbare Verhältnis zum sinnlichen Eindruck und zum sinnlichen Affekt aufhört.“ Cassirer (1923), Bd 1, S. 135.
Weiterlesen: Psychotherapiepraxis in Berlin, Wolfgang Albrecht