Baseline Coaching

Ursprünge des Base-Line-Trainings in der Physiotherapie

Base-Line-Training ist eine Methode des sensomotorischen Trainings, die darauf abzielt, das Gleichgewicht, die Koordination und die Körperwahrnehmung zu verbessern. Es wird insbesondere in der Physiotherapie und im Rehabilitationsbereich eingesetzt. Die Methode basiert auf Übungen, die auf einer speziellen instabilen Trainingsunterlage, der sogenannten “Base-Line”, durchgeführt werden. Diese Unterlage besteht in der Regel aus weichem Material, das instabil ist und somit die stabilisierenden Muskeln und die Propriozeption (die Wahrnehmung der eigenen Körperposition im Raum) besonders fordert.

Das Hauptziel des Base-Line-Trainings in der Physiotherapie ist es, das neuromuskuläre System zu stärken und die Fähigkeit des Körpers zu verbessern, auf unvorhersehbare Bewegungen oder Ungleichgewichte zu reagieren. Dies kann helfen, Verletzungen vorzubeugen, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern.

Verwendung des Begriffs “Baseline” außerhalb der Physiotherapie

Der Begriff „Base-Line-Training“ wird in erster Linie im Zusammenhang mit körperlichem Training und sensomotorischen Übungen verwendet. In diesem Kontext geht es um physische Stabilität, Koordination und Gleichgewicht. In neuester Zeit wird der Begriff „Baseline“ (im Sinne einer Grundlinie oder Ausgangsbasis) in einem psychologischen oder therapeutischen Kontext, z.B. bei Burnout oder CFS, ebenfalls verwendet.

Psychologischer Kontext: Baseline-Coaching

Im Kontext von Burnout und psychischer Gesundheit kann man davon sprechen, eine persönliche „Baseline“ zu finden oder zu etablieren, also einen Zustand, in dem sich der Betroffene wohl und stabil fühlt, bevor er sich neuen Herausforderungen stellt. Diese „Baseline“ ist eine Art Referenzpunkt, der die individuelle Belastbarkeit und das Wohlbefinden widerspiegelt.

Anwendung im Burnout-Management

Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein:
Menschen mit Burnout müssen lernen, ihre eigenen Grenzen und ihre „Baseline“ wahrzunehmen. Dies bedeutet, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wann man sich in einem ausgeglichenen und stabilen Zustand befindet und wann man sich beginnt zu überfordern. Es geht also im wesentlichen darum, herauszufinden, ab welcher Belastungsgrenze Stresshormone ausgeschüttet werden, um dies möglichst zu verhindern.

Schrittweise Belastungssteigerung:
Ein analoges Konzept zum körperlichen „Base-Line-Training“ besteht darin, psychische Belastungen nur schrittweise zu erhöhen, um sicherzustellen, dass die eigene „Baseline“ nicht überschritten wird. So wird vermieden, dass man sich erneut überfordert.

Komfortzone und Regeneration:
In der Burnout-Therapie wird oft empfohlen, sich bewusst Zeit in der eigenen Komfortzone zu nehmen, um zu regenerieren. Dies ist besonders wichtig, bevor man sich neuen oder schwierigen Aufgaben stellt, um ein erneutes Abrutschen in Erschöpfung oder Überforderung zu verhindern.

Stressmanagement und Resilienztraining:
Auch Stressmanagement-Programme und Resilienztrainings zielen darauf ab, eine stabile „Baseline“ des Wohlbefindens zu schaffen und die Fähigkeit zu stärken, mit Stressoren umzugehen, ohne in einen Zustand der Überforderung zu geraten.

Vermeidung von Perfektionismus, Ehrgeiz, Pflichtbewusstsein, Ungeduld:
Menschen, die von Burnout oder CFS betroffen sind, leiden häufig darunter, dass sie nicht geduldig genug an ihrer Baseline arbeiten und immer wieder das Gefühl haben, sie seien nicht leistungsfähig genug oder der Prozess der Resilienzsteigerung verlaufe zu langsam. Deshalb ist es beim Coaching von entscheidender Bedeutung, Impulse in Richtung auf Perfektionismus, Ehrgeiz, Pflichtbewusstsein und Ungeduld bewusst zu machen, um entsprechende Gefahren, die zu Rückfällen führen können, zu vermeiden. Burnout-Betroffene kämpfen oft mit einem der folgenden Aspekten:

Perfektionismus: Ein Mitarbeiter plant eine Präsentation und verbringt unzählige Stunden damit, jedes Detail perfekt zu gestalten, selbst die unwichtigsten Aspekte. Selbst wenn die Arbeit bereits auf einem hohen Niveau ist, findet er immer noch kleine Fehler und Schwächen, die verbessert werden müssen. Dadurch arbeitet er übermäßig lange und ist nie zufrieden mit dem Endergebnis, was zu chronischer Erschöpfung führt. Man kann drei Formen von Perfektionismus unterscheiden: den selbstbezogenen Perfektionismus («Ich muss perfekt sein»), den fremdbezogenen Perfektionismus («Mein Mann soll soll perfekt sein») und den extrinsisch motivierten Perfektionismus («Meine Mutter will, dass ich perfekt bin»).

Ehrgeiz: Eine Führungskraft setzt sich extrem hohe Ziele, die oft unrealistisch sind. Sie möchte schneller befördert werden als ihre Kollegen und übernimmt freiwillig zusätzliche Projekte, um sich zu beweisen. Der ständige Druck, diese Ziele zu erreichen, führt zu Schlafmangel und ständiger Anspannung.

Pflichtbewusstsein: Eine Pflegekraft fühlt sich für das Wohlergehen all ihrer Patienten verantwortlich. Auch wenn sie eigentlich frei hätte, bleibt sie länger oder kommt sogar an ihren freien Tagen zur Arbeit, weil sie das Gefühl hat, dass ohne ihre Hilfe die Patientenversorgung leiden würde. Diese ständige Verfügbarkeit führt dazu, dass sie keine Zeit mehr für sich selbst hat und sich ausgebrannt fühlt.

Ungeduld: Ein Projektmanager wird frustriert, wenn seine Teammitglieder nicht in dem Tempo arbeiten, das er erwartet. Er drängt ständig auf schnellere Ergebnisse und übernimmt Aufgaben selbst, weil er glaubt, dass es dann schneller geht. Diese Ungeduld belastet nicht nur das Team, sondern auch ihn selbst, da er immer mehr Arbeit anhäuft und sich zunehmend überfordert fühlt.

Beispiele für psychosomatische Störungen, die mit übermäßigem Perfektionismus, Ehrgeiz, Pflichtbewusstsein und Ungeduld in Verbindung stehen könnten

Perfektionismus

Chronische Kopfschmerzen: Der ständige Druck, alles perfekt machen zu müssen, kann zu Verspannungen und Stress führen, was häufig zu chronischen Kopfschmerzen führt.

Schlafstörungen: Perfektionisten neigen dazu, nachts über ihre Aufgaben und Fehler nachzudenken, was zu Ein- und Durchschlafproblemen führt.

Zwangsstörungen: Perfektionismus kann in extremen Fällen zu Zwangsstörungen führen, bei denen Betroffene wiederholt bestimmte Handlungen ausführen müssen, um „Fehler“ zu vermeiden.

Ehrgeiz

Bluthochdruck: Der ständige Druck, ehrgeizige Ziele zu erreichen, kann zu dauerhaft erhöhtem Blutdruck führen, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.

Herz-Kreislauf-Probleme: Übermäßiger Ehrgeiz kann zu ständigen Stresssituationen führen, die das Herz-Kreislauf-System belasten und im schlimmsten Fall zu Herzinfarkten führen können.

Burnout: Dauerhafter Ehrgeiz ohne ausreichende Erholung führt häufig zum Burnout-Syndrom, das sich durch extreme Erschöpfung und Desillusionierung äußert.

Pflichtbewusstsein

Rückenschmerzen: Übermäßiges Pflichtbewusstsein kann sich körperlich in Form von Verspannungen und Rückenschmerzen äußern, insbesondere im Bereich der Schultern und des Nackens.

Magen-Darm-Beschwerden: Ständiger Stress durch ein übertriebenes Pflichtgefühl kann zu Magenproblemen, wie z.B. Magenschmerzen, Reizdarm oder Sodbrennen, führen.

Depressionen: Ein übertriebenes Pflichtgefühl kann dazu führen, dass Betroffene das Gefühl haben, nie genug zu tun. Diese ständige Selbstkritik und Überforderung kann in eine Depression münden.

Ungeduld

Angststörungen: Menschen, die ständig ungeduldig sind und schnell Ergebnisse sehen wollen, können anfällig für Angststörungen sein. Sie haben oft das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, wenn Dinge nicht schnell genug vorangehen.

Reizdarmsyndrom: Ungeduld und die damit verbundene Anspannung können zu Magen-Darm-Problemen führen, wie dem Reizdarmsyndrom.

Hauterkrankungen: Ungeduld kann sich auch in Form von Hautproblemen wie Ekzemen oder Psoriasis äußern, die durch Stress verschlimmert werden.

Erfassung aller Lebensbereiche

Wichtig beim Baseline Coaching ist ein ganzheitlicher Ansatz. Dies bedeutet, dass alle Lebensbereiche, sowohl körperliche, wie soziale Aktivitäten und mentale Belastungen in das Baseline Coaching mit einbezogen werden. Dies betrifft neben Sport auch Medienkonsum, Gespräche mit anderen Menschen, Arbeitsleben und Freizeitgestaltung etc.

Zusammenfassung

Obwohl „Base-Line-Training“ in der Physiotherapie vor allem den körperlichen Bereich betrifft, lässt sich das zugrundeliegende Prinzip – das Aufbauen und Bewahren einer stabilen Ausgangsbasis – auch auf den Erhalt der psychische Gesundheit, die Behandlung psychosomatischer Störungen und Burnout-Prävention oder Training bei CFS übertragen. Mit dem Begriff der „Baseline“ verbindet man das Erkennen und Einhalten persönlicher Grenzen, um Überforderung zu vermeiden und Schritt für Schritt wieder Belastbarkeit aufzubauen bzw. Überlastung abzubauen.

Weiterlesen: Psychotherapiepraxis in Berlin, Wolfgang Albrecht

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